Wiederaufnahme der Nahost-Gespräche: Neuer Anlauf für den Frieden
Israel will offenbar wieder Verhandlungen mit den Palästinensern aufnehmen. Laut US-Außenminister John Kerry sollen erste Gespräche nächste Woche stattfinden.
AMANN/JERUSALEM rtr/afp | In die seit fast drei Jahren ausgesetzten Nahost-Friedensgespräche könnte bereits in der kommenden Woche wieder Bewegung kommen. US-Außenminister John Kerry kündigte am Freitagabend an, dass der palästinensische Unterhändler Saeb Erekat vermutlich in den kommenden Tagen mit der israelischen Ministerin Tzipi Livni in Washington zusammenkommen werden.
Auf die Frage, ob dies als Beginn der direkten Verhandlungen beider Seiten gewertet werden könne, sagte ein Vertreter der US-Regierung: „Ja“. Livni äußerte sich auf Facebook zu den bevorstehenden Gesprächen: „Ich weiß, wenn die Verhandlungen beginnen, werden sie komplex werden und nicht einfach. Ich bin vom ganzen Herzen überzeugt, dass sie richtig sind für unsere Zukunft, unsere Sicherheit, unsere Wirtschaft und die Werte Israels.“
Ein führender Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Wasel Abu Jussef, warnte indes vor zuviel Optimismus. „Die Ankündigung von heute bedeutet nicht die Rückkehr zu Verhandlungen“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. „Sie bedeutet, dass die Bemühungen fortgesetzt werden, die palästinensischen Forderungen zu erreichen... Israel muss die Grenzen von 1967 anerkennen.“
Kerry hatte bei einem Besuch in der jordanischen Hauptstadt Amman eine Grundsatzeinigung auf neue Gespräche verkündet. Einzelheiten zu Bedingungen für die Gespräche wurden nicht bekannt. Kerry gab zu Bedenken, dass weitere diplomatischen Anstrengungen nötig seien, um den Friedensprozess erneut anzuschieben.
Kerrys sechster Besuch
Die USA hatten zuletzt ihre Vermittlungsbemühungen zur Beilegung des Konflikts verstärkt. Kerry hielt sich zum sechsten Mal innerhalb weniger Monate in der Region auf. Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte die sich abzeichnende Verständigung auf den Beginn direkter Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern. „Das wäre ein großer Schritt und eine enorme Bewegung der beiden Parteien aufeinander zu“, sagte er.
Die Grenzfrage und der Siedlungsbau sind zentrale Streitpunkte im israelisch-palästinensischen Konflikt. Im Sechstagekrieg von 1967 hatte der jüdische Staat das Westjordanland, den Gaza-Streifen, die Golan-Höhen und den Sinai erobert. Gaza und der Sinai sind bereits an die Palästinenser und an Ägypten zurückgegeben worden. Der aus syrischer Hand eroberte Golan steht bei den Verhandlungen mit den Palästinensern nicht zur Debatte.
In den vergangenen Jahrzehnten errichtete größere Siedlungen – etwa in der Region um Jerusalem – will Israel nicht wieder räumen und bietet dafür den Tausch von Gebieten an.
„Starke Geste“
Auch hat Israel hat die Freilassung einer „begrenzten“ Anzahl von palästinensischen Häftlingen angekündigt. Der israelische Minister für Internationale Beziehungen, Juval Steinitz, sagte am Samstag im öffentlichen Rundfunk, die Freilassungen würden „schrittweise“ erfolgen. Er äußerte sich weder dazu, wieviele Häftlinge freikommen könnten, noch zum Zeitpunkt der Freilassungen.
Indes sprach er von einer „starken Geste“ mit Blick auf die palästinensische Seite. Der Minister äußerte sich nur wenige Stunden, nachdem US-Außenminister John Kerry eine neue Runde direkter Nahost-Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern angekündigt hatte.
Unterhändler beider Seiten hätten eine Basis gefunden, um bereits kommende Woche in Washington zusammenzukommen, sagte Kerry in Jordanien. Steinitz' Angaben zufolge könnten palästinensische Gefangene freigelassen werden, die bereits bis zu 30 Jahre in Israel in Haft sitzen. In Israel sitzen nach Angaben der Menschenrechtsorganisation B'Tselem mehr als 4.700 Palästinenser in Haft. Fast 170 von ihnen werden demnach im Rahmen eines Verfahrens festgehalten, das eine Inhaftierung ohne Anklage erlaubt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja