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Wieder Stierkampf auf MallorcaWut und viel Blut

Erstmals seit 2017 sind auf der Insel Bullen ritualisiert getötet worden. In Spanien gibt es nun nur noch eine Region, in der eine Art Stierkampfverbot gilt.

Zwei Toreros vor ihrem Auftritt am Freitagabend in Palma Foto: dpa

Palma dpa | Kurz bevor auf Mallorca das Blut von insgesamt acht Stierbullen unter dem Jubel von Tausenden floss, gab es Beschimpfungen, Pfiffe und auch Tränen. Auf der spanischen Ferieninsel feierte der Stierkampf am späten Freitagabend trotz wütender Proteste von Tierschützern ein umstrittenes Comeback. Bei der ersten „Corrida de Toros“ nach zweijähriger Zwangspause waren die Tribünen der 11. 600 Zuschauer fassenden Arena in der Inselhauptstadt Palma gut gefüllt. Knapp 9.000 Fans zahlten die stolzen Eintrittspreise von bis zu 130 Euro.

Vor der Arena hatten sich rund 400 Menschen bereits zwei Stunden vor Beginn des Events versammelt, um lautstark gegen die blutige Show zu protestieren. Sie schlugen auf Töpfe, beschimpften knapp 30 Stierkampffans, die eine „Gegendemo“ organisierten, als „Mörder“ und skandierten Slogans wie: „Mallorca tötet nicht, Mallorca schützt Tiere!“, „Kultur ist nicht Tortur“ und „Torero, du Feigling, wir wünschen dir einen schlechten Abend!“. Einige junge DemonstrantInnen hatten Tränen in den Augen.

Der Stimmung in dem vor 90 Jahren im Jugendstil erbauten „Coliseo Balear“, das zwischen 1999 und 2013 sechsmal Schauplatz der früheren ZDF-Show „Wetten, dass..?“ war und in dem 2016 das Finale von Heidi Klums ProSieben-Show „Germany's Next Topmodel“ ausgerichtet wurde, taten die Proteste später aber keinen Abbruch.

Zu spanischer Volksmusik herrschte nur wenige Kilometer vom „Ballermann“ entfernt prächtige Laune. Immer, wenn einer der Matadoren versuchte, mit seinem Degen von oben herab das Herz des Stieres zu erreichen und dem Bullen den Todesstoß zu versetzen, brachen die Zuschauer in besonders lautem Jubel aus.

Nach dem Tod des ersten Stiers durch den im grünen Glitzeranzug gekleideten Star-Matador Morante de la Puebla (39), der mit seinem Degen fünf Versuche benötigte, lief ein Flitzer aus Protest in die Arena. „Corridas never again“, war auf seiner nackten Brust in schwarzen Lettern zu lesen. Unter Schimpfkanonaden der Fans wurde der junge Mann aber sehr schnell von Ordnern wieder hinausgezerrt.

Ein Tierschützer hat sich am Freitagabend selbst in die Arena begeben Foto: dpa

Verfassungsgericht ermöglicht Spektakel

Die Rückkehr der Toreros auf die Insel war vom Verfassungsgericht vor einigen Monaten ermöglicht worden. Ende 2018 kippten die Richter in Madrid in Teilen ein balearisches Gesetz aus dem Jahr 2017, das die linke Regionalregierung durchgebracht hatte und das unter anderem die Verletzung oder Tötung der Stiere untersagte.

Dieses Verbot wurde wieder aufgehoben. Die Begründung der Richter: Da der Stierkampf 2013 zum nationalen Kulturgut erklärt worden sei, könne nur der Zentralstaat über solche Verbote entscheiden. Die Regionen dürfen demnach nicht eigenmächtig solche Beschlüsse fassen. Der Tod des Stiers am Ende des Kampfes sei unabänderlicher Bestandteil des Spektakels, so die Richter.

Einige der Beschlüsse von 2017 gelten auf Mallorca aber weiterhin. Zum Beispiel durften Minderjährige am Freitag nicht in die Arena. Es galt auch ein Alkoholverbot. Und die Stiere müssen vor ihrem Einsatz per Blutprobe auf Doping- und Beruhigungsmittel untersucht werden. Die Polizei werde über die Einhaltung dieser und anderer Vorschriften wachen, teilte die Stadtverwaltung am Donnerstag mit.

Viele konservative Politiker unter den Zuschauern

Unter den Zuschauern, die am Freitag den Auftritt der vier Star-Toreros um Morante de la Puebla und Julián López Escobar, genannt „El Juli“, auf keinen Fall verpassen wollten, waren auch viele in Spanien bekannte Politiker der konservativen Volkspartei (PP). Wie zum Beispiel der Parlamentsabgeordnete Adolfo Suárez Illana, ein Sohn des früheren Ministerpräsidenten Adolfo Suárez González.

Die PP des damaligen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy war es auch gewesen, die die Richter in dieser Sache angerufen und gefordert hatte, dass das Tötungsverbot wieder aufgehoben wird.

Mit Mallorca fiel eine der letzten stierkampffreien Bastionen Spaniens. Schon 2016 hatte die Justiz ein in Katalonien seit 2010 geltendes Stierkampfverbot gekippt. Die Kanaren sind die einzige Region, in der noch eine Art Stierkampfverbot gilt. Auf den Atlantikinseln gibt es aber auch keine Tradition dieses Spektakels – und kein Interesse. Die letzte Corrida fand dort 1984 statt.

Nur noch die Kanaren sind stierfrei

Der Stierkampf ist in Spanien ein großes Geschäft. Allein die mehr als tausend Zuchtbetriebe mit rund 70 000 Mitarbeitern erwirtschaften jährlich rund 1,5 Milliarden Euro. Das blutige Schauspiel ist aber im ganzen Land zunehmend umstritten. Vor allem unter den Jüngeren verliert er immer mehr an Attraktivität.

Nach einer Umfrage des Onlinemagazins El Español von Januar sind inzwischen rund 56 Prozent der Spanier gegen das aus dem Mittelalter stammende Brauchtum. Voriges Jahr forderten bei einer Demo in Madrid 40.000 ein landesweites Verbot. Die Zuschauerzahlen sind stark rückläufig, 2018 ging die Zahl der Stierkämpfe im Vergleich zum Rekordjahr 2007 um rund 60 Prozent auf 369 zurück. Viele Arenen wurden deshalb in den vergangenen Jahren geschlossen oder wurden, wie in Barcelona, zu Einkaufszentren umfunktioniert.

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2 Kommentare

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  • Trotz der Entscheidung des "unparteiischen" Verfassungsgerichtes zur Aufhebung des Stierkampfverbotes in Katalonien (Hass auf die Kanarischen Inseln gibt es in Spanien nicht und deshalb ist das Stierkampf-Verbot dort auch kein Problem) gab es 2018 und 2019 noch keine Anstalten, dort eine Corrida zu organisieren.



    Vor allem die jungen Leute können mit dem grausamen, archaischem Spektakel nichts mehr anfangen und wahrscheinlich wird es schon aus finanziellen Gründen auf Dauer (zum Glück, wie ich meine!) keine Zukunft geben.

  • "Der Tod des Stiers am Ende des Kampfes sei unabänderlicher Bestandteil des Spektakels, so die Richter."

    Nunja, "Stierkämpfe" gibt es auch in Frankreich, vor allem in der Provence und im Languedoc und bei denen werden die Tiere nicht verletzt.