Strengere Regeln für Stierkampf auf Malle: Der Tod, der Mann, das Tier

Die Balearen machen Stierkämpfe mit einem neuen Gesetz etwas weniger grausam. Aber die Verfechter des Testosteron-Spektakels geben nicht auf.

Ein Stierkämpfer in Malaga

Die Quälerei eines vermeintlich stärkeren Tieres: Männlicher wird's nicht Foto: reuters

Der Stierkampf gehört zu Spanien wie die Froschschenkel zu Frankreich gehören: ziemlich eklig, aber eben Tradition. Kann man nichts machen. Spanien hat seinen Brauch im Jahr 2013 sogar gesetzlich zum „immateriellen Kulturerbe“ erklärt.

Trotzdem hat das balearische Regionalparlament den Stierkampf jetzt strengeren Regeln unterworfen: Seit Montag darf der Stier nicht mehr im Kampf getötet und nur noch zehn Minuten durch die Arena gejagt werden. Außerdem dürfen die Toreros keine spitzen Gegenstände mehr verwenden, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nicht mehr zuschauen und Alkohol gibt es auch keinen mehr.

Endlich, möchte man rufen. Endlich kann man sich im Mallorcaurlaub fernab vom Flatratetrinken der traditionellen spanischen Kultur hingeben, ohne gleich Zeuge eines Gemetzels zu werden. Denn das Tier, das normalerweise schon im Vorfeld einen Widerhaken in den Nacken gerammt bekommt, um es aggressiver zu machen, wird nun nicht einmal mehr getötet, sondern nur ein bisschen durch die Arena gescheucht.

Der Kampf zwischen einem von vornherein chancenlosen Tier und einem testosterongesteuerten Mann in knallengen und knallbunten Leggins wird nun also ein bisschen weniger grausam.

Doch noch ist nicht alles gewonnen. Denn auch wenn Studien zeigen, dass der Großteil der spanischen Bevölkerung gegen den Stierkampf ist – 19 Prozent unterstützen den Stierkampf, 58 Prozent sind dagegen – gibt es sie immer noch: die Typen unter den Spaniern, die in der Quälerei eines vermeintlich stärkeren Tiers die Versinnbildlichung ihrer Männlichkeit und den Kampf somit als gerechtfertigt sehen.

Toreros dürfen keine spitzen Gegenstände mehr verwenden, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nicht mehr zuschauen und Alkohol gibt es auch keinen mehr

Schon Ernest Hemingway befasste sich in den zwanziger Jahren in mehreren Büchern mit dem Spektakel in der Arena. Er sah die spanische Tradition als ein Schauspiel. Ein Schauspiel mit dem Torero, dem Stier und dem Tod als Hauptdarsteller. Der Tod, der Mann, das Tier – was für ein Schauspiel!

Dass das heroische Töten in den Zwanzigern, zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg, ein gebräuchliches Mittel gewesen ist, um die eigene Macht zu demonstrieren, mag ja sein, doch ist das nicht langsam Geschichte?

Leider nein. Zumindest nicht auf den Positionen, die wirklich zählen. Denn auch wenn sich die Zuschauerzahlen in den letzten sieben Jahren mehr als halbiert haben, gibt es noch die richtig männlichen Männer – und, zugegeben, auch einige Frauen –, die sehen wollen, wie Tiere zu ihrem Vergnügen gequält werden. Und die sitzen leider (noch) am längeren Hebel. Einer davon ist der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy von der konservativen Partei PP. Dessen Regierung will nun prüfen lassen, wie man das neue Gesetz wieder loswerden kann.

Es droht das Totschlagargument: „immaterielles Kulturerbe“

Erst letztes Jahr wurde ein komplettes Stierkampfverbot aus dem Jahr 2010 in der Region Katalonien vom Verfassungsgericht aufgehoben. Das Verbot widerspreche dem Gesetz, das den Stierkampf zum immateriellen Kulturerbe mache. Der neuen Regelung auf den Balearen droht jetzt womöglich Ähnliches.

Das mit der Kultur ist nämlich ein Totschlagargument, Kultur geht immer über alles. Die einzige Hoffnung bleibt in der Zukunft. Denn Umfragen zeigen: je jünger die Befragten, desto weniger Unterstützung für den Stierkampf.

Man kann also nur abwarten, bis auch die letzten Hemingways gestorben sind, damit Quälerei nicht mehr mit Kultur gleichgesetzt wird. Es bleibt also ein Kampf, bei dem irgendwer immer sterben muss.

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