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Kinder fragen, die taz antwortetWie viel ist unendlich minus unendlich?

Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Theo, 7 Jahre alt.

BIs zur Unendlichkeit und noch viel weiter Foto: Michael Piepgras/imago

Lieber Theo, das ist eine unendlich gute Frage. Denn anders als sonst in der Mathematik, hat sie unendlich viele Antworten. Oder gar keine. Daher bist du auch nicht der Erste, der sich auf die Suche nach einer Antwort gemacht hat.

Im Internet finden sich nahezu unendlich viele Erklärungen. Mal wird da mit Äpfeln und Birnen argumentiert, mal mit geraden und ungeraden Zahlen, um das Rechnen mit der unvorstellbaren Zahl Unendlich verständlich zu machen. Am tollsten aber finde ich die Erklärung von Thomas Kahle. Der ist Professor für Algebra an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg – und spricht in dem Podcast Eigenraum der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft über Mathe. Da darf man davon ausgehen, dass das seriös ist, dass es also stimmt. Seine Antwort auf deine Frage, erklärt Thomas Kahle mit etwas, das du wohl sehr gut kennst: mit Gummibärchen!

Eigentlich denkt man ja, dass unendlich minus unendlich null ergibt. So wie 1 minus 1. Oder 2 minus 2. Oder 10.000 minus 10.000. Das Verrückte ist aber: bei unendlich minus unendlich kann das so sein, muss es aber nicht. Stell dir mal vor, sagt Thomas Kahle, du hättest unendlich viele Gummibärchen. Das wäre toll, oder?

Wenn du jetzt immer eins der Bärchen in deinen Mund steckst und dann eins für später zur Seite legst, und wenn du das unendlich lang wiederholst, dann hast du was? Genau: unendliche Bauchschmerzen.

Aber sagt der ­Mathematikprofessor natürlich nicht. Dem ist etwas anderes wichtig: Du hast unendlich viele Gummibärchen gegessen – also von unendlich abgezogen. Aber gleichzeitig unendlich viele zur Seite gelegt. Das heißt dann also: unendlich minus unendlich ist unendlich. Wirklich?

In diesem Fall ja. Wenn du aber am Anfang nur 2 Gummibärchen zur Seite legst und dann alle anderen, also unendlich viele aufisst, dann hast du am Ende immer noch die beiden zur Seite gelegten. Und unendlich minus und unendlich wäre in diesem Fall 2.

Verrückt? Ja. Aber dann erklärt der freundliche Professor noch, dass man mit der Rechnung unendlich minus unendlich nachweisen kann, dass 0 gleich 1 ist. Oder 5, oder 1.000. Und dass einem schon beim Denken darüber der Kopf raucht. Weil man statt einer Antwort keine bekommt. Oder unendlich viele. Toll, oder?

Kennst du schon die Zahl Googolplex? Die ist nicht mal unendlich, aber so groß, dass googolplex Gummibärchen nicht auf die Erde passen. Mathe kann sehr süß sein!

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9 Kommentare

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  • „Das Leben ist kurz, die Kunst ist lang“



    de.wikipedia.org/w..._brevis,_ars_longa



    Unendlich lang. Sie übersteht gewiss den Weltenuntergang.



    --



    „Unendlich" ist auch die



    Dummheit der KI.



    Denn bei Google, da erklärte sie:



    „Der Ausruf ,Vor einem ist mir bang' stammt aus Johann Wolfgang von Goethes Werk ,Faust'. Er wird in der Szene ,Nacht' von Faust selbst gesagt, als er über die Vergeblichkeit seiner Lebensweisheit und die unendliche Aufgabe der Kunst nachdenkt. Es ist ein Ausdruck der Angst vor der eigenen Unzulänglichkeit und der Erkenntnis, dass die Zeit begrenzt ist und das Wissen unendlich"



    www.google.com/sea...einem+ist+mir+bang



    (Dass ich das hier entdecken durfte…:-) )



    --



    Nein! Der Mephisto hat's gesagt.



    gutenberg.org/file.../2229-h/2229-h.htm



    MEPHISTOPHELES:



    „Das läßt sich hören!



    Doch nur vor einem ist mir bang.



    Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.



    Ich dächt, ihr ließet Euch belehren.



    Assoziiert Euch mit einem Poeten,



    Laßt den Herrn in Gedanken schweifen,



    Und alle edlen Qualitäten



    Auf Euren Ehrenscheitel häufen,



    [usw. usw. usw.]"



    --



    Glückauf!

  • Auch dieses Problem der Fragestellung reicht, um in ein Fach-Buch als Thema aufgenommen zu werden.



    "kurz die wechselvolle Geschichte des "Unendlichen". Einzige Gemeinsamkeit bei allen diesen Episoden ist: Das Unendliche taucht bei dem Versuch mathematische Probleme zu lösen, in der einen oder anderen Form aus dem Nichts auf. So wird das Unendliche von einem anfänglich unbekannten Besucher zu einem Dauergast, den man bald schon gar nicht mehr bemerkt, wenn man, wie in der Mathematik üblich, mit ihm "rechnet". Vielleicht ist das Unendliche letztlich Symbol für die Methode der Mathematik: ihre Probleme über alle Grenzen hinaus zu lösen und so ewige Gültigkeit der gewonnenen Lösungen zu erhalten. Da die Mathematik den Begriff der Zeit nicht kennt ist der Begriff der Unendlichkeit vielleicht der Ersatz dafür."



    Zu dem Buch



    "Das Unendliche



    Mathematiker ringen um einen Begriff



    Rudolf Taschner"



    2006 Springer Verlag



    Wir betreten hier auch Räume der Philosophie!



    Es ist irgendwie dann auch eine (kurze?) Geschichte der Zeit...

    • @Martin Rees:

      In der Antike rechnete man ohne das uns bekannte Symbol für Unendlichkeit und die Römer kannten auch keine mathematisch mit einem Zeichen belegte Null für ihre Rechenoperationen z.B. bei der Verwirklichung von Konstruktionen, aber in der Philosophie wussten sie schon vor dem Mittelalter bereits zu unendlich und Nichts viel beizutragen.



      "Ob unser Universum, die Dichte eines Schwarzen Lochs oder die Menge der Zahlen in der Mathematik: Sie alle sind unendlich groß. Doch was bedeutet das? Wie grenzenlos ist die Unendlichkeit im Größten und im Kleinsten? Lässt sie sich messen? Und gibt es verschiedene Unendlichkeiten?



      Schon in der Antike versuchten Gelehrte, das Phänomen der Unendlichkeit zu verstehen und zu beschreiben. Doch bis heute sind viele Geheimnisse des nicht Eingrenzbaren nicht geklärt – ob in der Astronomie und Kosmologie, in der Physik oder der Mathematik."



      Quelle



      www.scinexx.de/ser...p?dossierID=287488



      Ganz und gar nicht ausschließlich altertümlich auf Dauer: Boethius

  • Da es unterschiedliche Mächtigkeiten (= Kardinalitäten) von Unendlich gibt, ist unendlich minus unendlich nicht immer Null. Z.B. gehen durch den Mittelpunkt eines Kreises unendlich viele Geraden. Durch den Mittelpunkt einer Kugel gehen auch unendlich viele Geraden. Dieses Unendlich ist unendlich mal dem Unendlich der Geraden, die durch den Mittelpunkt eines Kreises gehen. Bei den Zahlen gibt es auch unterschiedliche Kardinalitäten. Die Mächtigkeit der reellen Zahlen (überabzählbar unendlich) ist größer als die Mächtigkeit der ganzen Zahlen (abzählbar unendlich).

  • Ich finde die Antwort für einen siebenjährigen nicht passend.

    Herr Stegemann argumentiert hier richtig. Was ist denn "unendlich" für eine Zahl, ein Begriff, eine Menge. Das wiederum ist spannend auch für 7jährige. Und die verstehen auch, dass es schonmal keine Antwort gibt

  • Unendlich gut🎩

  • Die Aufgabe ist ein Kategoriefehler bzw. Typfehler – nämlich der Fehler, Operatoren der endlichen Arithmetik auf das Konzept der Unendlichkeit anzuwenden. Mathematisch ist ∞−∞ unbestimmt und nicht null, nicht eins, nicht irgendetwas – weil „Unendlich“ keine Zahl, sondern eine Grenzwertvorstellung ist.

    • @Wolfgang Stegemann:

      In der Mathematik kann man beliebige Mengen definieren und es gibt auch eine bekannte Menge, die Menge der erweiterten Reellen Zahlen, die sich mit der Thematik beschäftigt.

      Viele arithmetische Operationen konnten auf der Menge sinnvoll definiert werden, oo - oo bleibt allerdings undefiniert.

    • @Wolfgang Stegemann:

      Einleuchtend erklärt!