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Wie umgehen mit Extremisten?Alerta, alerta! Faschisten gegen den Klimawandel

Es braucht eine Kritik der reinen Vernunft, auf Argumente hin bewegt sich die Politik gar nicht mehr. Beim Label Faschismus aber springt sie – sofort.

Düse, düse, düse, düse im Sauseschritt und nimm' den Chemtrail mit Foto: Jochen Tack/imago

E s hilft alles nichts. Die Welt geht den Bach runter, die Masse driftet ins Extreme. Was bleibt? Ein letzter Schritt! Wir gründen jetzt die „Faschisten gegen den Klimawandel!“ (FagK!).

Klingt irrsinnig? Gegen jede Logik? Ja, geradezu grotesk und gefährlich? Gut! Denn dann sind die ersten Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Politik schon mal erfüllt.

Was wir brauchen, ist eine neue Kritik der reinen Vernunft. Denn Kant kannste mittlerweile einpacken. Wer was bewirken will, braucht Wahnsinn ohne jedes Argument. Damit die da oben Angst kriegen. Und springen.

Also lasst uns behaupten, dass schuld am Klimawandel die Chemtrails sind – und bitte bloß nicht davon abbringen ­lassen, dass da tatsächlich was dran ist. Mit der Hochschulgruppe Unscientists No Future kriegen wir das schon irgendwie gedreht.

Fordern wir mit der Kraft eines Baseballschlägers das Nationale Solardach Aktionsprogramm (NSdAp), weil die Sonne ist ein Gott, der über Deutschland lacht.

Singen wir die Hits der Antiantiaantifa für Diversität (AfD), die die Integration der Gene unserer zugewanderten Mit­bür­ge­r:in­nen in den deutschen Volkskörper als Widerstand gegen die klimabedingten Hitzewellen preist.

Lasst uns mit den Faschisten für den Frieden (FFF) immer außer freitags ums Völkerschlachtdenkmal ziehen und die Despoten in der Friedenspfeife rauchen.

Wer was bewirken will, braucht Wahnsinn ohne jedes Argument

Lasst uns mit der Seniorengruppe „Die Dritten weg!“ für biodeutsche Kartoffeln in unseren Vorgärten werben. Nur Kartoffelbrei geht runter wie Volkssuppe auch ohne Gebiss.

Denn Logik, Vernunft, wissenschaftliches Argument gar bewirkt genau gar nichts. Im Gegenteil. Diese Form des Aktivismus wird belächelt. Weil: irgendwie süß. Politische Folgen aber: null!

Wie, Sie finden das alles gar nicht lustig?

Wenn jedoch die neuen Nazis ganz ohne den Deckmantel des besorgten Bürgers durch die Republik stiefeln, dann setzen nicht nur Millionen ihre Hakenkreuze an der rechtesten Stelle auf die Wahlzettel. Dann springen die etablierten Parteien systematisch auf und machen wirklich jeden Scheiß. Sofort. Vor allem, wenn da so deutlich wie möglich das Label Faschismus drauf prangt.

Das finden Sie alles gar nicht mehr lustig? Ja, fagk! dich ins Knie. Nichts, aber auch gar nichts ist daran lustig.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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1 Kommentar

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  • Der Verweis auf Kant offenbart, von der fraglichen Schrift leider nur den Titel gelesen und daher missverstanden zu haben. „Kritik der reinen Vernunft“ ist überhaupt nicht das hier unterstelle Anliegen, vernunftfremde Beweggründe zu stärken („Wahnsinn ohne jedes Argument“), sondern eine Eingrenzung der Möglichkeiten philosophischer Erkenntnis.

    Was hier tatsächlich gefordert wird, ist nicht Kant, sondern Tocotronic:

    „Pure Vernunft darf niemals siegen



    Wir brauchen dringend neue Lügen…“

    Das ist zwar für den sonst unterhaltsamen Artikel nur eine Randnotiz, aber da mir dieses Missverständnis nicht zum ersten Mal begegnet, möchte ich den Satz „Don’t judge a book by its cover“ hier nochmal erhärten.