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Wie Behörden diskriminierenKünstlerin darf nicht einreisen

Im Gängeviertel sollte eine sudanesische Fotografin Widerstand aus afrozentrischer Perspektive darstellen. Doch die deutsche Botschaft gibt ihr kein Visum.

Gesellschaftliche Beziehungsansprüche auf den weiblichen Körper: Darüber wollte Eythar Jabara in Hamburg sprechen Foto: Eythar Jubara

Hamburg taz | Eythar Jubara, 30 Jahre alt, ist Fotografin und Aktivistin. Ab kommenden Freitag sollte sie in Hamburg in der Ausstellung „A Sudanese Triangle“, die mit Stereotypen über den globalen Süden aufräumen will, auf alltägliche Lebensrealität von Frauen in ihrem Heimatland Sudan aufmerksam machen. Es geht um gesellschaftliche Besitzansprüche auf den weiblichen Körper und um Frauen, die ihren Schmerz durch künstlerisches Arbeiten überwinden.

Außer ihr sind noch zwei männliche Künstler, ebenfalls aus dem Sudan, eingeladen. Beide werden, anders als Eythar Jubara, anwesend sein können, da sie für andere Zwecke schon Visa bewilligt bekommen hatten. Der Künstlerin hingegen wurde ein Einreisevisum verweigert, da ihre „Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auszureisen, nicht festgestellt werden“ konnte. So zumindest sieht es die Botschaft in Khartum. Eine sogenannte „Rückkehrprognose“ habe kein positives Ergebnis ergeben. Eine Begründung dafür lieferte auf Nachfrage weder die Botschaft noch das Auswärtige Amt.

Kuratiert haben die Ausstellung Nils Kasiske und Larissa Fuhrmann. Kasiske sorgte nicht nur für eine offizielle, institutionelle Einladung, sondern auch für die Erklärung, dass für Unterbringung und Verpflegung von Eythar Jubara gesorgt sein würde. Ihm ist es unverständlich, warum die Behörde das Gesuch ablehnte. „Ich habe schon viele ausländische Künstler und Künstlerinnen eingeladen und alle sind auch wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt“, sagt er.

Die Botschaft verlangt einen Nachweis, dass Eythar Jubara an ihr Land gebunden ist und deshalb wieder zurückkehrt. Dies kann beispielsweise die familiäre oder berufliche Bindung an ihr Land sein. Ihre Eltern wohnen im Sudan, einen festen Job als Fotografin hat sie seit Jahren. Außerdem ist es von Vorteil, wenn man schon in der Vergangenheit ein Schengenvisum ordnungsgemäß genutzt hat.

Jubara war 2015 für ein Fotoprojekt in Deutschland und kehrte vor Ablauf des Visums zurück. Bei der aktuellen Bewerbung fehlte kein Dokument und es wurde kein Fehler moniert. Selbst das Goethe Institut, bei dem ihre Arbeiten schon gezeigt wurden, setzt sich nun für sie ein und stellte ihr ein Empfehlungsschreiben aus.

Larissa Fuhrmann, die zweite Kuratorin, leitete das Dokument daraufhin weiter an die Behörde im Sudan, um diese doch noch umzustimmen. Zuvor hatte sich die Botschaft laut Fuhrmann sehr kulant verhalten und Jubara einen früheren Termin zum Vorsprechen gegeben, als die Kuratorin danach gefragt hatte. „Wir finden es sehr schade, dass Eythar kein Visum erhält“, sagt Fuhrmann. „Es ist uns wichtig, dass die Künstler*innen selbst über ihre Arbeit sprechen können und nicht wir über sie, denn es geht auch viel um persönliche Identität.“

Nicht anders sieht das die Fotografin: „Ich bin die einzige weibliche Ausstellerin und kann am besten erklären, was hinter den Fotos steckt“, sagt sie. „Das ist meine Verantwortung.“ Es gehe ihr zudem um einen kulturellen Austausch. Die Möglichkeit, dass sie in Deutschland bliebe, sieht sie nicht: „Der Sudan ist mein Land, hier gehöre ich hin“.

Ich kann am besten erklären, was hinter den Fotos steckt. Das ist meine Verantwortung

Eythar Jubara, Fotografin

Dass Eythar Jubara es bis Freitag noch zur Ausstellung schafft, ist unwahrscheinlich. Dennoch werden ihre Fotografien auf der Ausstellung gezeigt. „Dann werden wir Eythar eben per Videocall dabei haben“, sagt Larissa Fuhrmann.

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3 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...aber sich aufregen, über einen deutschen Sport-Reporter, der kein Visum für die Fußball-WM 2018 in Russland bekommt.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Die TAZ hat über beide verwehrte Visa kritisch berichtet, sich also in beiden Fällen "aufgeregt", das ist nur Konsequent.

      • @Franz Georg:

        Ich glaube, die Kritik ging nicht an die Taz-Redaktion, sondern an besorgte Bürger.