Wichtige Aufgaben der Wissenschaft: Gründe fürs Schlafen gesucht
Herausforderungen der Wissenschaft im neuen Jahrzehnt: Was wird neu auf uns zukommen? Was meinen die Forscher dazu?
Die Bandbreite der wissenschaftlichen Zukunftserwartungen hat zur Jahreswende eine Umfrage des Journalistenprojekts „Zukunftsreporter“ zusammengetragen, das zum wachsenden Medienkollektiv „Riffreporter“ gehört.
„Die größte Herausforderung in den 2020er Jahren wird sein, ein globales Artensterben abzuwenden“, bringt es der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht, Gründungsdirektor des Centrums für Naturkunde (CeNak) an der Uni Hamburg auf den Punkt. Auch für die afrikanische Botanikerin Segenet Kelemu ist es zentrale Herausforderung der kommenden Jahre, „wie wir günstige Bedingungen schaffen können, die biologische Vielfalt von Insekten zu erhalten“, sagt die Generaldirektorin des International Centre of Insect Physiology and Ecology (icipe) in Kenia,. „Denn nur so werden wir die Gesundheit des Ökosystems, die landwirtschaftliche Produktivität, die Welternährung und die nachhaltige Entwicklung verbessern und die Degradation der natürlichen Ressourcen stoppen.“
Die Stadtplanerin Christa Reicher von der RWTH Aachen sieht die wichtigste Aufgabe ihres Fachs darin, „unsere Städte so umzugestalten, dass sie ihre Emissionen reduzieren und sich an die Klimakrise anpassen“. Auch für die Meeresforscherin Antje Boetius vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven ist es „die übergreifende Herausforderung für Wissenschaft und Gesellschaft, wie wir das globale Klimaziel für das Jahr 2030 erreichen“.
Andere Forscher stellen die „heißen Themen“ ihres Fachs mehr ins Zentrum. „Die Hauptfrage für die 2020er Jahre ist, wie man die Krise in der Physik mit ihren beiden widersprüchlichen Theorien – Quantenmechanik und allgemeine Relativitätstheorie – mit einem Standardmodell lösen kann“, merkt der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer an. Neue Entdeckungen wie dunkle Energie und dunkle Materie lassen sich mit den heutigen Theorien nicht erklären. „Das Haus der Physik bricht wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts zusammen“, sieht Fischer voraus. Damals wurde es durch Genies wie Albert Einstein und Max Planck gerettet. Fischer: „Wo sind solche Forscher jetzt? Das ist die Hauptfrage.“
Aber auch die Veränderung des Menschen bereitet Sorgen. „Die größte Herausforderung für Wissenschaft und Gesellschaft wird sein, wie wir mit der Genom-Editierungs-Technologie CRISPR umgehen“, sagt die Ökologin Kim Valenta von der Universität Florida in der Umfrage der „Zukunftsreporter“. Der Schlafforscher Jan Born von der Uni Tübingen erwartet von den 2020er Jahren, dass „endlich die Zeit reif sein wird, eine der großen offenen Fragen unserer Zeit zu beantworten: Warum müssen wir schlafen?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?