Die Philosophielehrerin Nathalie (Isabelle Huppert) wird an der Schwelle zum Alter von ihrem Mann verlassen, der eine andere hat. Als er auszieht, nimmt er ihre Levinas-Bände mit. Die Schüler streiken gegen Sarkozys Reformpolitik; sie, die einstige Kommunistin, will von Streik, Protest und Reform wenig wissen.
Der Verlag, für den sie Lehrbücher schreibt, will jüngere Autorinnen und weniger Frankfurter Schule. Nathalies Mutter (grandios wie immer: Edith Scob) ist depressiv, stürzt, stirbt, da hat Nathalie noch die dicke, alte, schwarze Katze Pandora am Hals.
Die Kinder sind aus dem Haus, Nathalie ist so allein, wie sie frei ist; da ist ihr Exschüler Fabien, so radikal, wie sie einmal war. Er zieht mit Freunden in ein Bauernhaus im Vercors. Nathalie fährt da hin, die jungen Leute diskutieren über Anarchismus 2.0, Copyright und die Frage, wie revolutionär man zu sein hat.
Das ist bei aller Sympathie nicht mehr Nathalies Welt, wenn auch nicht so fremd, wie ihr schon lange ihr Mann war, Karl-Kraus-Leser, Kantianer und nie Kommunist. „Ich habe mich geändert“, erklärt Nathalie einer Frau, die ihre Tochter sein könnte. „Aber die Welt ist noch immer die gleiche“, antwortet diese, „nur schlimmer.“
L'avenir bei der Berlinale
21. 2., 12 Uhr, Friedrichstadtpalast
Die französische Regisseurin Mia Hansen-Løve ist 35. Es ist interessant, dass sie ihre eigene Generation über eine Figur perspektiviert, die ihre Mutter sein könnte. Was sie auf diese Weise gewinnt, ist eine schöne und überzeugende und sich sehr fair anfühlende Äquidistanz, zur jüngeren wie zur älteren Generation.
Eine frühreife Könnerin war sie schon lange; ziemlich großartig ist es nun, wie souverän sie in “L’avenir“ das Tempo variiert, die Klischees weniger meidet als mit genauen Beobachtungen zum Leben erweckt; wie sie immer genau da schneidet und springt, wo das Nötige gesagt und gezeigt ist.
Scheu vor Melos und Wahrheit von Songs zur rechten Zeit hat sie sowieso nicht. Dies alles im Rahmen einer Kunst, die um die eigenen Mittel wenig Aufhebens macht. Und so ist “L’avenir“ eine sehr französische, angenehm subtile und leichte Tragikomödie in gebildeten Schichten.
Berlinale 2016
Der „Goldene Bär für den besten Film“ ging an „Fuocoammare“. Der Preis ist ist die höchste Auszeichnung der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. „Fuocoammare“ hält das Leben der Menschen auf Lampedusa fest. Er wurde erstmals am 13. Februar im Wettbewerb der Berlinale gezeigt.
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Blitzlichtgewitter, ein selbstfahrendes Auto und jede Menge Stars – das war die Berlinale 2016. Am Sonntag geht sie zu Ende.
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Silberne Bären bekamen Majd Mastoura als „Bester Darsteller“ in „Inhebbek Hedi“ und Trine Dyrholm als „Beste Darstellerin“ in „Kollektivet“ (v.l.). Außerdem erhielt Danis Tanovic den „Silbernen Bären Großer Preis der Jury“ für seinen Film „Smrt u Sarajevu“. Der „Silberne Bär Alfred-Bauer-Preis“ ging an den Film „Hele Sa Hiwagang Hapis“ von Lav Diaz.
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Preisträgerin Mia Hansen-Love ist glücklich über ihren Silbernen Bären für die beste Regie von „L'avenir“. Auch Tomasz Wasilewski erhielt einen für das Beste Drehbuch von „United States of Love“. Auch Mark Lee Ping-Bing konnte sich glücklich schätzen: Er erhielt einen „Silbernen Bären für eine Herausragende Künstlerische Leistung“ in „Crosscurrent“.
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Kameramann Michael Ballhaus hat den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk bekommen. Sein Markenzeichen: 360-Grad-Kamerafahrten. Bei der Preisverleihung wurde auch „Gangs of New York“ mit Leonardo DiCaprio und Cameron Diaz gezeigt.
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Meryl Streep erhielt 2012 auch einen Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk. Die dreifache Oscar-Gewinnerin war in diesem Jahr die Präsidentin der internationalen Jury. Diese verleiht den Goldenen und den Silbernen Bären der Berlinale. Die US-Schauspielerin ist derzeit im Film „Suffragette“ zu sehen.
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Nur durch seine bloße Anwesenheit stach George Clooney bei der Eröffnung der Berlinale am 11. Februar hervor. Selfies mit Fans zu machen gehört zur Berlinale einfach dazu. Clooney spielt die Hauptrolle im Film „Hail, Caesar!“ und zeigte sich mit seiner Frau Amal Alamuddin auf dem Roten Teppich. Am 12. Februar sprach er mit Kanzlerin Angela Merkel über die Flüchtlingskrise.
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In „Hail, Caesar!“ mimt George Clooney den Hollywoodstar Baird Whitlock. Der Film von den Coen-Brüdern entführt den Zuschauer in eines der großen Filmstudios im Hollywood der frühen Fünfzigerjahre. 2011 eröffneten die Coens bereits mit „True Grit“ die Berlinale. „Hail, Caesar!“ ist seit dem 18. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.
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Der deutsche Filmstar Daniel Brühl erregte ebenfalls Aufsehen, als er zur Eröffnungsgala der Berlinale in einem selbstfahrenden Auto erschien. Zudem spielt er im Berlinale-Film „Alone in Berlin“ einen Kommissar, der die Herkunft von Anti-Hitler Postkarten aufdecken soll. Mit Emma Watson ist Brühl abseits der Berlinale auch im Kinofilm „Colonia Dignidad“ zu sehen.
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Der Künstler Ai Weiwei hat am 13. Februar das Berliner Konzerthaus mit Rettungswesten von der griechischen Insel Lesbos einkleiden lassen. Damit will er auf die Flüchtlinge, die auf ihrer Flucht nach Europa ertrunken sind, aufmerksam machen. Ai Weiwei ist Ehrenpräsident des „Cinema for Peace“, das zeitgleich zur Berlinale stattfand.
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Der einzige deutsche Film im Wettbewerb heißt „24 Wochen“. Was macht ein Paar, bei dessen ungeborenem Kind Trisomie 21 diagnostiziert wird?
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Außerdem war im Wettbewerb: der Film „Chang Jiang Tu“. Kapitän Gao Chun fährt mit seinem Frachter auf dem chinesischen Jangtse flussaufwärts. Er soll die Seele seines verstorbenen Vaters befreien und ist gleichzeitig auf der Suche nach der großen Liebe. Der Film ist am 21. Februar im Haus der Berliner Festspiele zu sehen.
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Johnny Oritz ist erst 19 Jahre alt und hat bereits seine erste Hauptrolle im Film „Soy Nero“, der im Wettbewerb gezeigt wurde. Darin verkörpert er den mexikanischen Jungen Nero, der US-Bürger werden will. Oritz hat eine besondere Verbindung zum Thema: Seine Familie ist auch in die USA migriert.
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Der Schauspieler Gérard Depardieu bewarb am Freitag „Saint Amour“. Der Film gewann keinen Bären, er lief außer Konkurrenz.
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Mit den großen Gedanken und den großen Gefühlen und den großen (ein bisschen allegorischen) Katzen dieser nicht sehr großen Welt kennt Mia Hansen-Løve sich so gut aus, wie man sich nur auskennen kann. Es ist schön, dass der Titel die Zukunft verspricht. Was das heißen kann, lässt der Film angenehm offen.
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