Werder gegen Wolfsburg und Allofs: Stumpf ist Trumpf für Schaaf
Nach dem 1:1 wähnen sich sowohl Klaus Allofs' neuer Verein Wolfsburg als auch sein Ex-Klub Werder Bremen auf dem richtigen Weg.
WOLFSBURG taz | Man kann ja viel sagen gegen Diego Ribas da Cunha, genannt Diego. Und das mit guten Argumenten. Aber wie der brasilianische Kreativfußballer gegen Werder Bremen den Wolfsburger Ausgleich zum 1:1 initiierte, das war ein reifes Stück Fußball. Überhaupt gab es in der VW-Arena nach dem Ende des verunglückten Sequels „Magath II“ zum zweiten Mal in Folge richtigen Fußball zu sehen – und dies sogar von beiden Mannschaften.
Das hat sogar den verständlichen Oberflächenreiz in den Hintergrund gedrängt, ob und wie der neue Wolfsburger Fußballchef Klaus Allofs gegen jenes Team jubeln würde, bei dem er dreizehn gute Jahre hatte.
Es war die Schlüsselszene des Spiels, als Werders linker Verteidiger Lukas Schmitz – fälschlicherweise, wie die Fernsehbilder zeigen – mit einer gelb-roten Karte vom Platz flog (62.). Trainer Thomas Schaaf fuchtelte zur Bank, Linksaußen Elia begab sich interimsweise in die Verteidigerposition, aber das ist einfach nicht seine Sache. Diego spielte binnen Sekunden den lethalen Pass in die Schnittstelle neben Elia; der eingewechselte Vierinha passte zur Mitte, und Keilstürmer Bas Dost war zur Stelle (64.)
Elia stand hinterher recht bedröppelt in der Mixed Zone und sagte, dass er wohl nicht so gut positioniert gewesen sei, und Schaaf regte sich über Schiedsrichter Markus Schmidt auf, ohne dessen Namen zu nennen. „Unfassbar“ sei der Platzverweis. Auch sein starker Kapitän Aaron Hunt war relativ sicher, „dass wir das Spiel zu elft gewonnen hätten“.
Den guten Weg, man sah ihn
Grundsätzlich wähnt sich Werder aber auf einem guten Weg. „Man sieht, dass die Mannschaft an das glaubt, was sie spielt“, sagte Schaaf.
Und das sah man tatsächlich.
Werder hatte die erste Hälfte mit kompakter Defensive dominiert und einem cleveren Konterspiel, das Hunt und der hochtalentierte Kevin de Bruyne abwechselnd oder zusammen initierten und das darauf basierte, die Schnelligkeit der Flügelspieler Eljero Elia und Mario Arnautovic auszunutzen. Entsprechend fiel das 0:1 durch Arnautovic (35.), als Wolfsburg nach seinem zweiten Pfostentreffer, einem Kopfball von Dost, nicht schnell genug umschaltete. Der wackelige Rechtsverteidiger Fagner versäumte es, Elia herunterzubremsen, wie Interimstrainer Lorenz-Günther Köstner es ihn doch geheißen hatte.
Aus Wolfsburger Sicht wurde dem VfL ein Handelfmeter verweigert und hätte man das Spiel nach dem Ausgleich gewinnen müssen, als man gegen zehn Bremer relativ entschlossen anrannte, bis dem herausragenden Diego die Kräfte ausgingen. Köstner sagte, er sei nach dem 0:1 „selbst gespannt“ gewesen, wie das Team reagieren würde, das er nun vier Wochen trainiert. Die Reaktion war sehr überzeugend, findet er. Und eventuellen Mäklern rief er prophylaktisch entgegen, man müsse „verdammt nochmal auf mal mit einem Punkt zufrieden sein“.
Nicht mehr zu hüftsteif
Ist ja was dran: Der VfL hatte ja mit Felix Magath grade mal fünf Punkte aus acht Partien geholt und mit ihm nun stattliche zehn aus fünf Spielen. Plus ein Pokalspiel gewonnen. Köstner hat jetzt sechsmal mit derselben Anfangsformation gespielt, das ist ein echter Paradigmenwechsel gegenüber Magath und es sieht aus, als griffen nun ein paar brauchbare Automatismen und wisse man besser, wie man Diego vernünftig ins Spiel bringt. Das tut ihm gut und dem Offensivspiel auch. Dadurch wird auch der lange Stoßstürmer Bas Dost langsam mit der Bundesliga warm. „Ich bekomme jetzt mehr Bälle und mehr Chancen“, sagte er, „da kann ich auch Tore machen.“ Dost wirkt nicht mehr so hüftsteif wie zu Saisonbeginn, sonder richtig scharf und verbuchte gegen Werder nun schon seinen sechsten Saisontreffer.
Und wie war es denn nun ohne Klaus Allofs für Thomas Schaaf?
Tja. Darüber hätte man sich „drumherum sehr viele Gedanken gemacht“, brummte Schaaf. Er dagegen habe sich „relativ wenige“ gemacht. Was anderes hätte einen auch überrascht. Doch als man Köstner fragte, was ihm denn sein neuer Chef über den SV Werder erzählt hatte, ging für einmal ein Lächeln über Schaafs Gesicht. Und er rief: „Jetzt bin ich gespannt.“