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Werder Bremen schlägt BayernEntdeckung der Schwerelosigkeit

Bayern München erleidet gegen Bremen ein historisches 2:5- Heimdebakel. Mit Hackentricks führen die Gäste den Deutschen Meister vor und glauben nun wieder an ihre Stärke.

Mark van Bommel grämt sich. Bild: dpa

Ein Beweisfoto musste her. Ein stilles, menschenleeres Beweisfoto inmitten des hysterisch taumelnden Bremer Fanblocks. Ein Foto, das einen Zustand konservierte, den sie schon in ein paar Minuten alle "historisch" nennen würden.

Also zog der Bremer Fan seine Digitalkamera aus der Tasche. Er richtete die Kamera auf die Anzeigetafel in der Allianz-Arena in München und zoomte sie heran, so nah es ging. Es war Samstag, der 20. September, um 16.45 Uhr. "FC Bayern - Werder Bremen 0:5" stand auf der Tafel. Eine halbe Stunde später zeigte die Tafel den Endstand: Mit 2:5 verlieren die Bayern gegen Werder Bremen. Bayern-Präsident Franz Beckenbauer sagt nachher: "Das ist eine Blamage. Aber es gibt so Tage, da brichst du dir den Finger in der Nase. Vor über 30 Jahren, als wir gegen Schalke 7:0 verloren haben, war dass das Gleiche."

Dabei hatten die Bayern dieses Spiel gar nicht so bodenlos begonnen. Vielmehr waren es die gut organisierten und hoch konzentrierten Bremer, die alle Münchner Ansätze zunichte machten. Und die nach einem Angriff der Bayern im direkten Gegenzug in Führung gingen: Beim 0:1 schickte Bremens Mesut Özil Marcus Rosenberg steil durch die Mitte (30.). Beim 0:2 half Bayern Torhüter Michael Rensing mit, der einen Freistoß von Özil nicht festhalten konnte und Naldo die Gelegenheit zum Abstauben gab (45.). Blöd aus Bayern-Sicht, aber noch kein Grund, das Ruder zu verlieren.

Untergegangen sind die Bayern dann nach der Pause im Strudel eines außergewöhnlichen Gemischs aus bayerischer Lethargie und bremischem Offensivfußball. Bayerns Abwehr sah miserabel aus bei Özils 0:3 (54.), ebenso wie bei Pizarros 0:4 (59.). Dann kam jener Moment, als die Bremer anfingen, zu fliegen: Viermal in Folge spielten sie den Ball mit der Hacke, Özil wie Diego schwerelos, als wäre es eine späte Antwort auf Frank Riberys Kunststücke bei dem 4:0-Sieg der Bayern in Bremen vor gut einem Jahr.

Das 0:5 durch Rosenberg wiederum verantwortete Bayern-Torhüter Michael Rensing (67.). Und als die Partie von Bremer Seite schon nur noch mit der Verve eines Trainingsspiels geführt wurde, war es ausgerechnet der Exbremer Tim Borowski, der die beiden Ehrentreffer der Bayern besorgte (71., 85.).

Kommentarlos verließ Bayern-Manager Uli Hoeness nach dem Abpfiff das Stadion. Und Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann blieb nur, den pädagogischen Effekt der Klatsche zu beschwören: "Wir werden wieder aufstehen, und das vielleicht stärker, als zuvor."

Auf Bremer Seite bedeutet der Sieg einen eindrucksvollen Beweis der zuletzt arg angekratzten eigenen Stärke. Da war der maue Start in die Bundesliga, das blamable 0:0 in der Champions League gegen Anorthosis Famagusta, die öffentliche Kritik an der Arbeitseinstellung seiner Kollegen durch Kapitän Frank Baumann, die matten Auftritte der Sturmhoffnung Claudio Pizarro. Und dann war da auf einmal ein Team in München, das so noch nie zusammengespielt hatte, das unter anderem die Ausfälle von Torsten Frings und Clemens Fritz verkraften musste und den Bayern mit Entschlossenenheit den Schneid abkaufte - ein Tor von Pizarro inklusive.

"Es hat sich gezeigt, dass ein angeschossener Löwe sehr bissig werden kann", sagte Bayerns Tim Borowski nach dem Spiel. Und Werder-Manager Klaus Allofs strahlte zwar einerseits über das ganze Gesicht, legte aber sofort wieder höchsten Wert darauf, auf dem Boden zu bleiben: "Wir haben durch die Bank ein gutes Spiel gemacht und sind durch eine außergewöhnliche Leistung wieder im Rennen. Aber das sind heute auch nur drei Punkte."

Ob die Bremer ihre jüngsten Probleme tatsächlich überwunden haben, wird sich allerdings erst im Pokal gegen Aue und beim nächsten Bundesliga-Spiel gegen Hoffenheim zeigen. Denn dass bei einem Spiel gegen die Bayern jeder "bis in die Haarspitzen motiviert ist", sei klar, sagte Baumann. Die Frage ist nun, ob es die Bremer schaffen, auch gegen die No-names zu punkten. "Jetzt muss sich zeigen, ob wir uns damit zufrieden geben oder diese Leistung bestätigen. Man muss Konstanz zeigen. Nur dann hat man Erfolg."

Das mit der Konstanz ist eine alte Bremer Frage. Die Zielstrebigkeit im Spiel nach vorn und die Chancenverwertung fehlten zuletzt komplett, in München war beides hervorragend vorhanden. Mit Mesut Özil wächst ein neuer Leistungsträger heran und Claudio Pizarro scheint sich nach seiner Zeit auf der Bank des FC Chelsea wieder an das Spielen zu gewöhnen. "Wenn wir Dinge wie heute abrufen, können wir fantastische Leistungen zeigen", sagte Werder-Trainer Thomas Schaaf. Das Wenn ist das wichtigste Wort in diesem Satz. Wie sich aus den Bremer Launen die von Baumann gewünschte Konstanz gewinnen lässt, kann Schaaf nicht recht beantworten. Diese Frage wird Werder weiterhin beschäftigen.

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1 Kommentar

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  • ST
    Sebastian Thürrschmidt

    "war dass das Gleiche": Aber nein, vor über dreißig Jahren war dass noch daß und das Gleiche das gleiche und auch sonst alles ganz anders. Dass das mit dem das und dem dass schwierig ist und bleibt, daran jedoch wird sich wohl auch in weiteren dreißig Jahren nichts geändert haben.