Werder Bremen in Abstiegsnot: Bedrohlicher Spannungsabfall
Werder Bremen droht der Abstieg in die zweite Liga, auch weil Trainer Florian Kohfeldt die falschen Signale setzt. Eine kreative Lösung ist gefragt.
W enn ein Sportchef sagt, die Führungsgremien befänden sich in ergebnisoffenen Gesprächen über die Zukunft des Trainers, wie Werder Bremens Frank Baumann am Sonntagmittag, kann der Trainer normalerweise seinen Spind räumen. Bis zum Redaktionsschluss war die Zukunft von Trainer Florian Kohfeldt nicht entschieden und in diesem Fall verbietet sich ausnahmsweise eine klare Prognose: Bei keinem Klub ist der Trainerwechsel als letztes Mittel im Abstiegskampf so verpönt wie bei Werder Bremen. Diesen Beitrag leistet der Klub weiterhin zur Fußballkultur im Lande, nachdem auf dem Platz schon lange Tristesse herrscht.
Und doch könnte diesmal selbst dort kein Weg an der ungeliebten Maßnahme vorbeiführen. Daran ändert auch der Tabellenvergleich mit dem 31. Spieltag der vergangenen Saison nichts. Damals stand Werder mit 28 Punkten auf dem Relegationsplatz 16, hielt am Trainer fest und rettete sich in letzter Sekunde, wogegen heute 30 Punkte und Platz 14 zu Buche stehen. „Wir stehen objektiv besser da als in der vergangenen Saison, aber der Trend ist absolut negativ“, sagte Baumann.
Solche widersprüchlichen Doppelbotschaften sind in Bremen seit sechs Wochen zu hören. Am 11. März besiegte Werder Arminia Bielefeld, hatte elf Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze und nicht nur die Lokalpresse schrieb: „Tschüss Abstiegskampf“. Das Ziel, eine Zittersaison zu vermeiden, schien erreicht, obwohl zu Saisonbeginn mit Davy Klaassen und Kevin Voigt zwei der besten Spieler gehen mussten und die coronabedingt knappe Kasse nur die Verpflichtung von Nachwuchsspielern zuließ.
Florian Kohfeldt warnte zwar davor, in Euphorie zu verfallen und erinnerte an das Schicksal des VfB Stuttgart, der 2016 aus einer ähnlich komfortablen Situation noch abgestiegen war. Er sagte aber auch, dass es jetzt darum gehe, „besseren Fußball zu spielen“. Bei der Mannschaft muss das so angekommen sein wie: „Wir müssen noch aufpassen, aber ganz so schlimm kann es nicht mehr kommen.“
Niederlagen, na und?
„Luft raus bei Werder“ titelte die taz dann schon nach dem nächsten Spiel gegen Bayern München, vor dem Kohfeldt gesagt hatte: „Es ist vielleicht kein existenzielles Spiel für uns, aber wir müssen es spielen wie ein existenzielles Spiel, sonst haben wir null Chance.“ Dass sein Team dann null Chance hatte, lag natürlich an der Qualität der Bayern, aber auch an einem unübersehbaren Spannungsabfall. Das Team nahm die sich anschließende Niederlagenserie gefasst hin – es warteten am Saisonende ja noch genug Gegner, gegen die man die nötigen Punkte schon holen würde.
Währenddessen begannen abstiegsbedrohte Klubs wie Bielefeld, Köln und Mainz mit neuen Trainern plötzlich zu punkten, auch gegen Spitzenteams, und als Werder dann gegen Mainz 05 die Trendwende einleiten wollte, war der Gegner nicht besser, aber wacher und fokussierter – genauso wie am Samstag Union Berlin.
Gefragt ist nun jemand, der kurzfristig die Blockaden löst, damit die Spieler in den letzten drei Saisonspielen und im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Leipzig alles aufs Feld bringen, was sie haben. In früheren Zeiten haben die Fans diese Rolle übernommen, aber die fallen jetzt aus. Ob Kohfeldt dazu in der Lage ist, darf trotz unbestreitbarer Leistungen und Fähigkeiten bezweifelt werden. Ein kreative Lösung könnte sein: vorübergehende Beförderung des technischen Direktors Thomas Schaaf zum Cheftrainer und Rückkehr von Florian Kohfeldt auf den Posten zur neuen Saison. Egal in welcher Liga. Aber dafür ist die Führungskultur in diesem Land nicht reif genug.
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