Werbekampagne von Lokalzeitungen: Moral! Ethos! Qualität!
In Baden-Württemberg werben Zeitungen auf ihren Titelseiten für Qualitätsjournalismus. Für diesen bleibt deshalb kein Platz auf Seite 1.
Am Mittwoch erschienen 50 Tageszeitungen in Baden-Württemberg mit einer ganzseitigen Werbeanzeige in eigener Sache auf dem Titelblatt. „Die beste Zeit für guten Journalismus ist jetzt“, lautet die gemeinsame Schlagzeile. In dem ganzseitigen, blau unterlegten Titelbild betonen die Regionalzeitungen, dass ihre Veröffentlichungen nach „professionellen Standards und ohne verborgene Absichten erfolgen“.
Besonders originell ist es nicht, dass Zeitungen sich wegen ihrer Titelblätter absprechen. Für solche koordinierten Aktionen gibt es in der Regel besondere Anlässe, etwa staatliche Durchsuchungen von Redaktionsräumen.
Im Südwesten scheint der Anlass zu sein, dass die Glaubwürdigkeit des Journalismus in Zeiten digitaler Kommunikation leide. Folgerichtig belobhudeln sich die Blätter im Ländle auf einer zugehörigen Kampagnen-Webseite weiter. Die Schlagwörter dort reichen von Moral über Berufsethos, Qualitätsjournalismus bis hin zu Verantwortungsbewusstsein.
Nachdenkliche Sprüche
Die dpa spricht nicht ganz zu Unrecht von einer „Wertekampagne“. Richtig wäre auch: Werbekampagne. Wenn Zeitungen auf ihrer Titelseite schreiben müssen, wie wahr, schön und gut sie sind, zeigt das an, wie schlecht es um sie steht. Statt Qualitätsjournalismus auf Seite eins zu versprechen, könnten sie ihn dort sonst einfach hindrucken, was der geneigten Leserschaft sicher positiv im Gedächtnis bliebe.
Stattdessen greift die Kampagne zu nachdenklichen Sprüchen wie: „Wer nichts weiß, muss alles glauben.“ Richtig ist auch: Wer Zeitungen nicht glaubt, wird ihnen auch ihre Selbstbeweihräucherung nicht abkaufen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens