Weltraumschrott in Umlaufbahn: Mysteriöses Objekt fällt in kenianisches Dorf
Der kreisrunde Gegenstand war wohl Teil einer Rakete, das bei Eintreten in die Atmosphäre nicht verglüht ist. Doch viele Fragen geben Rätsel auf.
Seitdem pilgern Raumfahrtexperten, Journalisten und Regierungsvertreter in das abgelegene Bauerndorf. Das kreisrunde Teil liegt im Gebüsch unweit einiger Häuser und hat beim Einschlag offensichtlich keinen Schaden verursacht. Der örtliche Polizeichef, Julius Rotich, erklärte gegenüber lokalen Medien, dass das Objekt immer noch „rot glühte und heiß war“, als die Anwohner es fanden. Die Polizei habe die Einschlagstelle abriegeln müssen, um die Menschen nicht zu gefährden.
„Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Ring von einer Rakete“, erklärt Alois Were von Kenias Raumfahrtagentur (KSA), der Anfang Januar als einer der ersten Experten das Metallteil vor Ort untersuchte und es ins Labor transportieren ließ: „Wir sind nun dabei herauszufinden, wem dieses Teil gehört.“
In einer KSA-Erklärung heißt es später: „Solche Objekte sind normalerweise so konstruiert, dass sie beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühen oder über unbewohnten Gebieten wie den Ozeanen niedergehen.“ Die KSA bezeichnete den Vorfall als „Einzelfall“.
Gerüchte um das mysteriöse Objekt
In den sozialen Medien werden nun Gerüchte verbreitet, dass es sich womöglich um ein Teil einer indischen Trägerrakete handelt und dass Kenia Indien zur Verantwortung ziehen werde. Kenias Raumfahrtagentur versichert allerdings in einer Erklärung: „Die Ermittlungen sind immer noch in Gange. Forderungen nach Entschädigung, die angeblich von Kenias Regierung erhoben wurden, sind falsch.“
Während die KSA das Metallteil nun unter die Lupe nimmt, wird der Vorfall in der Raumfahrtszene heiß diskutiert: Ein Bauteil der europäischen Ariane-V-Rakete mit dem „SYLDA-Adapter“ käme in Frage, so der niederländische Raumfahrtwissenschaftler Marco Langbroek auf seinem Onlineblog. Der Adapter funktioniert wie eine Art Rucksack, in dem die Satelliten beim Start transportiert werden. Sobald die Rakete in einer gewissen Höhe ist, werden die Satelliten entlassen und der Adapter fällt in die Erdatmosphäre zurück, wo er bestenfalls verglüht.
Berechnungen zufolge sollte dieser Adapter genau am 30. Dezember nahe dem Äquator in Afrika aufschlagen. Der Aufschlagort in Kenia würde dazu passen. Ingenieure der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA), die die Ariane-Raketen betreibt, äußerten allerdings Zweifel, dass es sich um ein Ariane-Bauteil handle.
Im Weltraum wird es immer voller. Letztes Jahr schätzte die Europäische Weltraumorganisation, dass sich mehr als 14.000 Tonnen Material in der erdnahen Umlaufbahn befanden. Darunter offenbar auch 500-Kilo-Teile, die einfach so zurück auf die Erde knallen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Pläne zur Krankenversicherung
Ohne Schutzschild aus der Deckung
Abstoßender Wahlkampf der Rechten
Flugticket-Aktion sorgt für neue Forderungen nach AfD-Verbot
Sozialwissenschaftlerin Ilona Otto
„Klimaneutralität würde uns mehr Freiheiten geben“
Debatte über Staatsbürgerschaft
Sicherheitsrisiko Friedrich Merz
Anklage gegen Linke Maja T. erhoben
Ungarn droht mit jahrelanger Haft
Polizeigebühren bei Bundesliga-Spielen
Legitimer Akt der Umverteilung