Weltenretter brauchen länger: Geheimpapier blockiert Lima
Die UN-Klimakonferenz verliert einen Tag wegen eines umstrittenen Dokuments. US-Vizepräsident Kerry warnt die Bremserstaaten.
LIMA taz | Es war wohl eher Wunschdenken, als Manuel Pulgar Vidal am Donnerstagabend vor dem Plenum der 20. UN-Klimakonferenz in Lima sagte: „Danke für Ihre Unterstützung – aber ich brauche Ihren Applaus morgen abend um sechs.“ Dass eine Klimakonferenz aber wie vom peruanischen Umweltminister gewünscht, am Abend des letzten Tages friedlich zu Ende geht, ist zuletzt 2008 passiert, als die Konferenz nichts zu entscheiden hatte.
Das ist in Lima ganz anders. Auf dem Plan für die Verhandler aus 195 Staaten steht ein Entwurf für das wichtige Klimaabkommen in Paris im kommenden Jahr. Indem sich alle Staaten auf nationale Ziele verpflichten, soll die Erderwärmung auf gerade noch beherrschbare zwei Grad begrenzt werden können. Knackpunkte sind, wie die Klimaziele der einzelnen Staaten am besten vergleichbar und wie sie überprüft werden – von grundlegenden Fragen der Finanzierung oder der Lastenverteilung zwischen den Staaten ganz zu schweigen.
Donnerstag früh kam es dann zum Eklat. Ein interner Vorschlag des Konferenz-Vorsitzenden Pulgar Vidal wurde „durch das Versehen einer Sekretärin“, wie es hieß, im Internet veröffentlicht. Grund genug für die ohnehin skeptische Gruppe der Entwicklungsländer namens G77 sowie China, die Verhandlungen zu unterbrechen.
„Wir haben dadurch fast einen ganzen Tag verloren“, sagt ein genervter Delegierter. Am Freitagmorgen galt als sicher, dass die Konferenz um einen Tag bis Samstag verlängert wird. Trotzdem wollte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bereits zum eigentlich vorgesehenen Abschluss am Freitag abreisen. Auf dem Tisch lag da bereits ein umfassendes „Elementepapier“, eine Art Blaupause für das geplante Pariser Protokoll. Es soll im kommenden Jahr weiter verhandelt werden.
Industrieländer sollen führen
US-Vizepräsident John Kerry beklagte den Stillstand im Klimapropzess – ohne zu sagen, dass die USA daran maßgeblich beteiligt waren – und warnte indirekt Bremserstaaten wie Australien, Japan oder Kanada: „Ein Industrieland, das nicht führt, ist ein Teil des Problems.“ Nur alle Staaten zusammen könnten erfolgreich sein. „Wir brauchen Entschlossenheit“, rief er in den Saal, der Kerry mit einem Geburtstagsständchen empfangen hatte.
Auf diese Entschlossenheit warteten auch am Freitag alle Beobachter. Zwischendurch sorgten andere Meldungen für Abwechslung: Greenpeace entschuldigte sich offiziell und formell für eine Protestaktion auf der historischen Stelle der „Nazca“-Linien im Süden Perus. Die Umweltschützer hatten bei den für die Öffentlichkeit gesperrten Steinlinien der Inka ein Protestbanner zur Klimakonferenz entfaltet – und waren verhaftet worden.
Präsident Ollanta Humala hatte der Umweltorganisation mit rechtlichen Schritten gedroht. Die Protestaktion zeige den „mangelnden Respekt“ der Umweltschützer „für unser Kulturerbe und die peruanischen Gesetze“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss