Welt-Aids-Konferenz in Melbourne: Heilung wird noch Jahre dauern
Meilensteine in der Forschung haben HIV-Infektionen den Schrecken genommen. Eine Heilung ist aber noch immer nicht in Sicht. Besser sieht es bei Tuberkulose aus.
MELBOURNE dpa | Eine baldige Heilung von HIV ist auch 30 Jahre nach der Entdeckung des Virus nicht in Sicht. „Eine Heilung für mit dem HI-Virus infizierte Menschen in aller Welt? Das wird noch viele, viele Jahre dauern“, sagte Aids-Experte Steven Deeks von der Universität von Kalifornien am Montag auf der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne. Dagegen berichteten Tuberkulose-Fachleute über Studienergebnisse, die die Behandlung revolutionieren könnten.
Die Aidsforschung mache große Fortschritte, betonte die Tagungsvorsitzende Françoise Barré-Sinoussi. „Es gibt keinen Grund, nicht optimistisch zu sein.“ Auch Rückschläge brächten die Forscher entscheidend voran, sagte die US-Virologin Deborah Persaud, die das sogenannte Mississippi-Baby betreute.
Das Kind galt als funktionell geheilt, bevor 27 Monate nach Ende der Medikamentenbehandlung plötzlich doch wieder HI-Viren im Blut festgestellt wurden. Die ernüchternde Nachricht kam eine Woche vor der Aids-Konferenz. „Trotzdem, ein spektakuläres Ergebnis“, sagte Persaud über die lange virenfreie Zeit. „Das müssen wir noch verbessern.“
Die permanente Eliminierung der HI-Viren scheitert bislang auch daran, dass sie, in Reservoiren im Körper versteckt, jahrelang schlummern können. In welchen Zellen genau, wissen die Experten noch nicht. Forscher um den Virologen James Whitney von der Harvard Medical School in Boston zeigten in einer aktuell in Nature veröffentlichten Studie, dass HIV ähnelnde Viren bei Affen solche Reservoire sehr schnell nach einer Infektion anlegen.
Durchbruch bei Tuberkulose
Einen möglichen Durchbruch im Kampf gegen Tuberkulose verkündeten Forscher der gemeinnützigen Tuberkulose-Allianz: Mit einem neuen Medikamentencocktail seien in einer ersten kleinen Studie sehr gute Ergebnisse erreicht worden, vor allem bei Patienten, deren Erreger gegen viele Medikamente schon resistent waren. „Wir haben die Behandlung dieser Patienten von zwei Jahren auf etwa vier Monate reduziert, die Kosten sind 90 Prozent geringer und die Heilungsrate stieg von 50 auf 90 Prozent“, berichtete der Präsident der Allianz, Mel Spigelman.
Tuberkulose ist eine der häufigsten Folgekrankheiten bei HI-Infizierten. Bei 20 Prozent der Aids-Kranken ist Tuberkulose die Todesursache. Zwei Milliarden Menschen weltweit sind nach Angaben von Spigelman mit Tuberkuloseerregern infiziert, wobei nur ein geringer Teil der Infektionen sofort zu einer Erkrankung führt. Etwa 1,3 Millionen Menschen sterben jedes Jahr.
Nach Angaben von Spigelman ist eine größere Studie mit dem neuen Cocktail in Vorbereitung. Bei ähnlich guten Ergebnissen werde die erste neue Tuberkulose-Behandlung seit 50 Jahren anschließend weltweit zugänglich gemacht. Die sogenannte PaMZ-Kombination umfasst nach Angaben der TB-Allianz die Medikamente PA-824 und Moxifloxacin sowie den Wirkstoff Pyrazinamid.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe