piwik no script img

Welchen alt-68er die Harburger NPD zu Gast hatte„Völkische Weltrevolution“

Für ihren „Kampf um die Köpfe“ lud die NPD in Hamburg-Harburg Mitte April zu einem Themenabend über den „Germanischen Geist“. Und konnte dazu einen bemerkenswerten Referenten begrüßen: Reinhold Oberlercher, der – wie es die NPD selbst formuliert – „einst als ‚Rudi Dutschke‘ Hamburgs bezeichnete Nationalmarxist“.

Um das 1968 Jahr herum einer der führenden Vertreter des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS), durchquerte der Soziologe und Politologe schon vor beinahe 30 Jahren das politische Spektrum von ziemlich weit links nach ziemlich weit rechts; darin ist er den einstigen 68er-Größen Bernd Rabehl und Horst Mahler nahe. Auf Einladung des NPD-Kreisverbands führte er nun aus, dass 1933 „die erste geglückte Überwindung des ungermanischen kapitalistischen Systems in der Geschichte der Menschheit“ gelungen sei; genauer: „im Deutschland des Jahres 1933“.

Adolf Hitler und der Nationalsozialismus als bloße Antikapitalisten? Ausgehend von Hegel und Marx, meint Oberlercher, seien National- und Sozialrevolution ansatzweise in der „nationalsozialistischen Revolution“ verwirklicht worden. Sein Credo: eine „völkische Weltrevolution“ sei anzustreben.

In „Schwert und Schild des Deutschen Geistes“ hatte er 1992 beklagt, die europäischen Länder übernähmen die „amerikanische Weltmeinung“, nämlich: ein „Einwanderungsland“ zu sein – das Ergebnis, so Oberlercher: das „Einströmen der Minderwertigen dieser Welt nach Europa“. Oder gleich ein „völkischer Vernichtungskrieg“.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

2015 schrieb Oberlercher, dass eine „Vielzahl von Institutionen der 'westlichen Wertegemeinschaft“ über einen „angemessenen Gebrauch der Sprache“ wache. Helfen, die da verloren gegangene Freiheit wieder zu erlangen, soll sein „ABC der politischen, ideologischen und sozialen Begriffe“, das nun auch vorgestellt wurde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen