piwik no script img

Weitere Schritte in der Affäre EdathyDie Opposition erhöht den Druck

Linke und Grüne fordern einen Untersuchungsaus- schuss, die Koalition versperrt sich nicht. Doch was soll das Gremium bringen?

Der BKA-Präsident steht weiter im Zentrum der Affäre Edathy Bild: Reuters

BERLIN taz | Nach einigem Zögern greift die Opposition im Fall Edathy doch zu ihrer schärfsten Waffe. Linkspartei und Grüne fordern jetzt gemeinsam einen Untersuchungsausschuss, um offene Fragen aufzuklären. „Der Untersuchungsausschuss ist unausweichlich. Wir wollen ihn“, sagte Linkspartei-Chefin Katja Kipping am Montag der taz. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt attestierte der Großen Koalition und BKA-Präsident Jörg Ziercke „nachlassenden Aufklärungswillen“. Dies „macht es unabdingbar, nun die vollen parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten eines Untersuchungsausschusses einzuleiten“, sagte Göring-Eckardt der taz.

Anlass für die Forderungen ist ein Fall, der ein unschönes Licht auf das Bundeskriminalamt wirft. So bezog ein hochrangiger BKA-Beamter Posing-Bilder nackter Kinder bei der kanadischen Firma, bei der auch der ehemalige SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy bestellt hatte. Anders als bisher von Edathy bekannt, sind die Bilder im Fall des BKA-Beamten auch strafrechtlich relevant. Linke und Grüne werfen Behördenchef Chef Jörg Ziercke nun vor, über diesen Fall nicht von sich aus informiert zu haben, als er vor zwei Wochen im Innenausschuss des Bundestags zur Edathy-Affäre aussagte.

Die Oppositionsfraktionen sind bei einem Untersuchungsausschuss auf die Hilfe der Koalition angewiesen. Um ihn einzusetzen, sind ein Viertel der Stimmen des Bundestags nötig, Linkspartei und Grüne verfügen jedoch nur über 20 Prozent der Mandate.

Union und SPD kündigten bereits an, dem Wunsch nicht im Wege stehen zu wollen. Wenn die Opposition meine, „dass auch weitere Sitzungen des Innenausschusses keine ausreichende Klärung herbeiführen können, ist es ihr gutes Recht, einen Untersuchungsausschuss zu fordern“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht. „Wir werden uns dem nicht verschließen und ihn konstruktiv begleiten.“ Ähnliche Signale kamen von der Unionsfraktion.

Unklar ist, worum es im Ausschuss gehen soll

Linke und Grüne beantragten gestern zudem eine Sondersitzung des Innenausschusses in dieser Woche. Die Verve, mit der die Führungsebene von Grünen und Linken in Sachen U-Ausschuss vorprescht, ist intern nicht unumstritten. Fachpolitiker, die sich mit der Materie auskennen, haben nämlich Zweifel, ob ein U-Ausschuss tatsächlich Neues zu Tage fördert. So ist zum Beispiel unklar, welche Stoßrichtung der Ausschuss haben soll: Geht es um Ziercke und seine Behörde? Oder soll der Ausschuss auch Fehler der Politik ins Visier nehmen, etwa den ominösen Anruf von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann beim BKA-Chef, mit dem der SPDler etwas zum Fall Edathy erfahren wollte?

Die Abgeordneten des Innenausschusses haben vor zwei Wochen viele prominente Beteiligte in zwei Sitzungen mit Fragen gelöchert – und wenig herausgefunden. Ihnen ist klar: Zu vielen Vorgängen im Fall Edathy existiert keine Aktenlage. Es gibt also nichts Schriftliches, was ein Ausschuss sichten könnte. Auch wird es schwer sein, Verfehlungen durch Aussagen von Zeugen zu belegen. Einfach deshalb, weil es keine Zeugen gibt. Das ist ja das Problem einer Affäre, bei der es um die klandestine Weitergabe geheimer Informationen geht.

Hinzu kommt: Ein U-Ausschuss würde für die Mini-Opposition einen enormen Arbeitsaufwand bedeuten, der Ertrag wäre aber vielleicht sehr überschaubar. Immerhin, hoffen Linke und Grüne nun, könnten sich Beteiligte in Widersprüche verwickeln. Nur vor diesem Gremium, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, seien die Betroffenen verpflichtet, „vollständig und wahrheitsgemäß auszusagen, wenn sie sich nicht strafbar machen wollen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!