Weitere Exekution: Demonstrant in Iran hingerichtet
In Iran ist ein 24-Jähriger hingerichtet worden. Es ist die neunte Exekution, die in direktem Zusammenhang mit der jüngsten Protestbewegung steht.
Die iranischen Behörden legten keine Beweise vor. Stattdessen wurde im iranischen Staatsfernsehen ein vermeintliches Geständnis ausgestrahlt, das Menschenrechtsorganisationen zufolge unter schwerer Folter erzwungen wurde. Ghobadlous Anwalt Amir Raesian wurde vom Gericht nicht zugelassen, die Einsicht in die Akte wurde ihm verweigert.
Wegen „Kriegs gegen Gott“ wurde Ghobadlou schließlich vom berüchtigten Richter Salavati zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde zunächst im Dezember 2022 vom Obersten Gerichtshof bestätigt, was große Proteste vor dem Gefängnis auslöste.
Im Juli 2023 wurde der Antrag auf Überprüfung des Urteils vom Gericht angenommen und das Urteil somit vorerst aufgehoben, nachdem mehrere Mediziner in Iran die Notwendigkeit einer gründlicheren Neubetrachtung seines Falls bestätigt hatten. Ghobadlou hatte eine bipolare Störung. Laut seiner Mutter wurden ihm die Medikamente in Haft verweigert.
Am vergangenen Montag teilte Ghobadlous Anwalt mit, die Hinrichtung solle am nächsten Morgen vollstreckt werden, was selbst nach iranischem Recht illegal sei, da das Urteil aufgehoben worden war. In sozialen Netzwerken wurden Videos von Angehörigen Ghobadlous vor dem Gefängnis verbreitet; in einem Video bitten seine Eltern um das Leben ihres Sohnes.
Kritik aus Deutschland
In Deutschland hatte sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger für Ghobadlou eingesetzt. Die Hinrichtung mache sie „unendlich traurig“, teilte sie mit. Bünger fordert: „Die Bundesregierung und die EU müssen dafür sorgen, dass Richter (wie Salavati, Anm d. Red.) niemals einen sicheren Ort in der EU finden.“
„Die iranische Führung setzt Hinrichtungen weiterhin als Einschüchterung gegen die Protestbewegung im Iran ein“, kritisiert Lena Rohrbach, Iran-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. Sie fordert: „Die internationale Gemeinschaft sowie die Bundesregierung müssen sich verstärkt dafür einsetzen, dass die Todesstrafe im Iran abgeschafft und die Praxis der Scheinprozesse beendet wird.“
Ghobadlou ist die neunte Person, die in direktem Zusammenhang mit den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten in Iran hingerichtet worden ist. Menschenrechtsorganisationen warnen vor der bevorstehenden Hinrichtung zwei weiterer Personen: Mojahed Kourkour und Reza Rasaei.
Zusammen mit Ghobadlou wurde auch der kurdisch-sunnitische politische Gefangene Farhad Salimi nach 14 Jahren in Haft hingerichtet. Drei weitere Kurden, die im selben Verfahren zum Tode verurteilt worden waren, sind bereits hingerichtet worden. 2023 verzeichnete die Organisation Hengaw insgesamt 823 Hinrichtungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?