Weihnachten mit meiner Familie: Das Geschenkestillstandsabkommen

Meine Frau und ich haben ausgemacht, uns an Weihnachten nichts zu schenken. Das fühlte sich anfangs sehr friedvoll an – und endete im Fiasko.

Eingepackte Geschenke liegen unter einem geschmückten Weihnachtsbaum.

Oft auch eine Quelle des Verdrusses: Weihnachtsgeschenke Foto: dpa | Swen Pförtner

Letztes Jahr hatten meine Frau und ich ein Geschenkestillstandsabkommen unterzeichnet: Wir wollten uns zu Weihnachten gegenseitig nicht mehr mit Geschenken bombardieren. Und das Allerschönste dabei ist, diese grandiose Idee stammte von Eminanim selber.

Auf einmal hatte Weihnachten für mich all seine Schrecken verloren. Ich fing sogar an, es schön zu finden. Die ganzen bunten Lichter in der Stadt und ein Hauch von Fröhlichkeit in der Luft, gemischt mit Zimt, Zucker, Nelken und frisch ausgekotztem Glühwein. Herrlich!

An Heiligabend findet bei uns die Bescherung wie immer unter dem Tannenbaum statt. Diesmal sollten nur unsere Kinder Geschenke bekommen.

„Das hier ist von Mami und Papi für Hatice“, sagt meine Frau.

„Das hier ist von Mami und Papi für Mehmet.“

„Und das hier ist von Mami für Papi“, sagt Eminanim.

„Von Mami für wen?“, frage ich verdattert.

„Für Papi!“

„Für welchen Papi denn?“

„Wie viele Papis haben wir denn hier?“, weist sie mich barsch zurecht.

„Aber von welcher Mami ist es denn? Von meiner lieben Schwiegermami?“

„Osman, das ist mein Geschenk für dich, frohe Weihnachten!“

Auf einmal hatte Weihnachten für mich all seine Schrecken verloren. Ich fing sogar an, es schön zu finden

„Eminanim, ich werde gleich wahnsinnig! Hast du nicht gesagt, wir sollen uns keine Weihnachtsgeschenke mehr kaufen? Ich soll dir nichts kaufen und du kaufst mir auch keine Socken mehr?“

„Woher weißt du denn, dass du dieses Jahr Socken von mir bekommst? Hast du etwa wieder in meinem Kleiderschrank gewühlt? Und was schenkst du mir, Osman?“, ruft sie und schaut mich erwartungsvoll mit großen gierigen Augen, wie eine Katze beim Metzger, an.

„Eminanim, aber wir haben doch abgemacht…“

„Nein, ich wollte nur mal sehen, ob du mir vom ganzen Herzen was schenkst, oder nur weil es sich so gehört. Und, wo ist nun mein Geschenk?“

„Jah… ööö, eee, aber ich dachte, du meinst das ernst…“

„Kinder, euer Vater hat für mich kein Geschenk gekauft; nicht mal einen Kaugummi“, fängt Eminanim an zu heulen.

„Pfui, schäm dich, Papa! Sei nicht traurig, Mama!“, rufen die Kinder im Chor.

„Kinder, seid doch froh, dass ihr wenigstens was bekommen habt“, sage ich.

„Die Geschenke für die Kinder habe ich ganz alleine gekauft“, schluchzt Eminanim.

„Pfui, schäm dich drei Mal, Papa! Womit hast du das verdient, Mama?“, rufen die Kinder.

Ich halte es nicht mehr aus und verlasse fluchtartig die Wohnung. Kaum bin ich im Flur, höre ich auch die Ehefrau von unserem Hausmeister Krummsack bezüglich der Weihnachtsgeschenke herumklagen:

„Herbert, seit Jahren schenkst du mir immer einen blöden grün-gelb-gestreiften Frottier-Bademantel. Kannst du dir nicht mal was anderes einfallen lassen? Ich hab die Schnauze voll“, brüllt sie und wirft ihr Weihnachtsgeschenk in den Flur, genau in mein Gesicht.

Ich laufe sofort wieder nach oben:

„Hier, Eminanim, hast du wirklich gedacht, ich hätte kein Weihnachtsgeschenk für dich?“, sage ich.

Meine Frau stürzt sich freudestrahlend auf das Geschenk.

„Oh, Osman, so ein schöner grün-gelber Frottier-Bademantel! So was wollte ich schon immer haben! Aber was hat dieser Satz hier denn zu bedeuten: Für meine liebe Frau Hertha, alles Gute zu Weihnachten?“

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