Wege für Koaltionsverhandlungen: Innovation systemisch denken
Noch ist ein Konzept für die zukünftige Innovationspolitik einer neuen Bundesregierung nicht erkennbar. Neue Wege sind gefragt.
Wie in anderen Bereichen auch, lassen sich in der Innovationspolitik zwei große alternative Ausrichtungen feststellen, ergab Banholzers Analyse der Parteiprogramme zur Bundestagswahl: „CDU/CSU und FDP orientieren sich vor allem am Narrativ der Industrienation und definieren den Innovationsstaat als Wettbewerbsstaat.“ Demgegenüber wollten SPD und die Grünen das bisherige Konzept der „Industrienation“ um den Nachhaltigkeits-Horizont der „Sustainable Development Goals“) der UN und „ein holistisches Verständnis“ von Innovation erweitern.
Diese Unterschiede kamen in der Wahlkampfphase jedoch kaum zum Ausdruck, sondern dort wurde nur über die Bildung neuer Institutionen debattiert. Die Union setzte sich für ein eigenständiges Digitalministerium ein, während die Grünen eine ressortübergreifenden „Technologie Task Force“ und eine Innovationsagentur „D.Innova“ forderten.
Die Digital-Diskussion war einseitig technologielastig und „erschöpfte sich im Fokus auf Breitbandanbindung, Funklöcher und digitale Endgeräte“, so Banholzer. Dagegen wurden „elementare Fragen nach Konzepten, Verwendung und Einbettungen außen vor gelassen“.
Welcher Innovationsweg von der neuen Bundesregierung beschritten wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Auch wenn es zur Grünen-Variante einer externen Innovationsagentur kommen sollte, müsste sie laut Banholzer einem breiteren Verständnis von Innovation und Fortschritt folgen, wofür er den Begriff „Innovationssouveränität“ benutzt.
Erfüllung gesellschaftlicher Bedürfnisse
Darunter versteht er, dass die Agentur „zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der hoheitlichen Aufgaben eines Staates, zur Erfüllung gesellschaftlicher Bedürfnisse sowie zur Herstellung und Sicherung wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit beiträgt“.
Dies setze einen „holistischen Ansatz“ voraus, der „die Analyse von (Zukunfts-)Technologien ebenso berücksichtige wie auch die kulturellen Kontexte und gesellschaftlichen Wertvorstellungen sowie die formellen und informellen Institutionen in Bildung, Medien oder Zivilgesellschaft“. Es ist ein großes Rad, das die Polit-Innovateure zu drehen haben. Ausgang offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen