Wasserverschmutzung durch Gülle: Die Kacke ist am Dampfen
In Schleswig-Holstein laufen die Güllegruben über. Das Ministerium schiebt dem Wetter die Schuld zu und erlaubt Notfall-Tanks.
Zu der Notsituation kam es laut Ministerium wegen anhaltender Niederschläge. Die hätten verhindert, dass Gülle und Gärrückstände aus Biogasanlagen rechtzeitig vor den Sperrzeiten von Oktober bis Januar ausgebracht wurden. Dieser Begründung widerspricht Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter zusammen mit acht weiteren Umweltverbänden.
Hofstetter kritisiert: „Die Ursache ist doch nicht das Regenwetter, sondern die zu hohe Viehanzahl in Schleswig-Holstein.“ Die Notlage sei nicht über Nacht gekommen und die Genehmigung provisorischer Güllegruben ein falsches Signal. In einer Internetpetition fordern die neun Organisationen gemeinsam mit Verdi eine Verschärfung des Düngerechts. Hofstetter: „Die Tierbestände müssen runter, ganz einfach.“
An 18 Prozent aller Messstellen ist Nitrat-Wert zu hoch
Da widerspricht auch das Ministerium nicht. In bestimmten Regionen würde sich die Gülle konzentrieren. „Die intensive Tierhaltung stößt an Grenzen“, stimmt dem auch Minister Habeck zu. Als Lösung fordert er eine Umstrukturierung der Agrarförderungen. „Bauern sollten gezielt Gelder für Umwelt- und Tierschutz Leistungen erhalten“, sagt Habeck. In Schleswig-Holstein lebten laut offiziellen Zahlen im März 2017 etwa 1,4 Millionen Schweine und rund eine Millionen Rinder, bundesweit sind es 27,1 Millionen Schweine und 12,3 Millionen Rinder.
Deren Gülle führt zu erhöhten Nitrat-Werten im Grundwasser. Diese werden von einer europäischen Richtlinie begrenzt und in Deutschland an 18 Prozent aller Messstellen überschritten. Deshalb hat die EU-Kommission im Herbst 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Nitrat ist für Menschen nicht gefährlich, die Aufbereitung ist aber aufwendig und teuer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen