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Was der UN-Flüchtlingspakt bedeutetDie Verantwortung besser teilen

Bei aller Debatte über den UN-Migrationspakt ist es um den Flüchtlingspakt still. Worum geht es in dem rechtlich nicht bindenden Abkommen?

Gerettet: Mann nach Flucht im Schlauchboot Foto: dpa

BERLIN taz | „Flucht ist nie freiwillig, deswegen ist sie auch nur bedingt planbar“, sagt Martin Rentsch, Pressereferent beim UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), am Dienstag in Berlin. „Was aber durchaus planbar ist, ist, wie Menschen woanders aufgenommen werden“, ergänzt er – und ist damit beim Thema: dem UN-Flüchtlingspakt, nicht zu verwechseln mit dem zuletzt heftig diskutierten UN-Migrationspakt.

Im Kern geht es bei dem von den UN-Mitgliedsstaaten unter Federführung des UNHCR ausgehandelten, rechtlich nicht bindenden Übereinkommen um eine bessere „Lasten- und Verantwortungsteilung“ im Umgang mit Flüchtlingen. Der Pakt soll den Druck auf Aufnahmeländer mindern, die Eigenständigkeit der Flüchtlinge erhöhen, Resettlement-Programme für besonders Hilfsbedürftige ausbauen und in den Herkunftsländern Bedingungen für eine Rückkehr „in Sicherheit und Würde“ fördern. Anders als der Migrationspakt basiert er auf bereits bestehenden internationalen Verträgen – etwa der Genfer Flüchtlingskonvention.

Ende 2017 waren laut UNHCR mehr als 25 Millionen Flüchtlinge außerhalb ihrer Heimatländer, die meisten davon nicht in Europa, sondern in Ländern wie der Türkei, Uganda oder dem Libanon. Diese Länder sollen gestärkt werden, um so die Menschen besser versorgen zu können. Zudem werde die Verantwortung, die etwa Deutschland heute schon übernehme, auf mehr Schultern verteilt. Der Pakt sei in Deutschlands „ureigenem Interesse“, betont Rentsch.

Anders als der Migrationspakt basiert er auf bereits bestehenden internationalen Verträgen – etwa der Genfer Flüchtlingskonvention

Bei aller Debatte über den Migrationspakt war es um den Flüchtlingspakt bislang ziemlich still. Er wurde bereits im November vom 3. Komitee der UN-Vollversammlung angenommen. Nur die USA stimmten dagegen. Die formale Annahme durch die UN-Vollversammlung ist für den 17. Dezember geplant. Nun hat die AfD das Thema entdeckt. Schon in der Debatte zum Migrationspakt hat sie dagegen gewettert, am Donnerstag will die Bundestagsfraktion in einer Pressekonferenz nachlegen.

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3 Kommentare

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  • Lesenswert ist der Bericht des „Global Agenda Council on Migration“ ( Weltwirtschaftsforums ) besonders das Ende:„… der Wert dieser Publikation liegt nicht nur darin, die Argumente zu entwickeln, warum Migration gut fürs Geschäft ist. Sie betont auch die Wichtigkeit, mit dem Privatsektor in Sachen Migrationspolitik zusammenzuarbeiten. Migration wurde früher verstanden als eine Beziehung zwischen einem Individuum und dem Staat. Heute versteht man sie besser als Beziehung zwischen einem Individuum und einem Arbeitgeber, vermittelt über den Staat.“



    Hier kommt besonders der Herrschaftsanspruch der globalen, in vielen Ländern verankerten Konzerne zum Ausdruck, für die der Staat nur Vermittler, Instrument ist. „Der Privatsektor beschäftigt Migranten in Unternehmen (und beutet sie vielleicht aus), [´Klammerzusatz im Original ! Im Orwellschen Neusprech:„Wir erkennen an, dass Migration eine Quelle des Wohlstandes, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung in unserer globalisierten Welt ist.“

    Die Internationale Organisation für Migration (IOM) gab diese Empfehlungen nach einer Konsultation des Weltwirtschaftsforums an die UN-Generalversammlung weiter. Die beiden ersten Empfehlungen waren:



    (1) die öffentliche Wahrnehmung und Diskussion dahingehend zu drehen, dass Zuwanderung für Zielländer kein Problem, sondern ein Gewinn ist, und



    (2) Migration in die Entwicklungsplanung einzubeziehen.

    Wissen die Vertreter der Weltorganisation, dass Millionen Menschen ganz gezielt dauerhaft aus ihrer Heimat vertrieben werden und — getrieben von Machtinteressen und ohne das selbst bestimmen zu können — wahlweise mit dem Stempel des Flüchtlings und des Migranten versehen werden sollen?

  • Angesichts bereits existierender Verträge - insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention- stellt sich die Frage: Wozu soll das gut sein? Was genau ist in dem Flüchtlingsabkommen vorgesehen, was nicht schon in der Genfer Flüchtlingskonvention drin steht?



    Übrigens: Ein Link auf den Text des vorgesehenen Flüchtlingsabkommen wäre hilfreich.

    • Dinah Riese , des Artikels, Ressortleiterin Inland
      @yohak yohak:

      Da haben Sie Recht. Der Link ist jetzt drin.