Warnungen und Appelle: Tanz mit dem Teufel auf der Klimakonferenz
Auf der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan präsentierten sich heute die Staatschefs. Der Gastgeber lobte fossile Energieträger als „Geschenk Gottes“.
Die hielt nur, bis UN-Chef António Guterres zum Auftakt die Bühne betrat: „Was Sie hier hören, ist das Ticken einer Uhr“, sagte Guterres. „Wir befinden uns im letzten Countdown, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und die Zeit ist nicht auf unserer Seite.“
Die Geschichte der Klimakrise sei eine der vermeidbaren Ungerechtigkeit: „Die Reichen verursachen die Probleme, die Armen zahlen den Preis.“ Es gebe noch Hoffnung, die Klimakrise zu stoppen, aber dafür müssten alle Länder ihren Teil tun – und die größten Volkswirtschaften müssten vorangehen, denn sie seien die größten Treibhausgasemittenten und trügen die größte Verantwortung, hätten aber auch die meisten Kapazitäten.
Die Präsidentin der Marshallinseln, Hilda Heine, betonte ebenfalls die Verantwortung der reichen Staaten. Die Marshallinseln sind existenziell vom Meeresspiegelanstieg bedroht, der durch die Erderhitzung ausgelöst wird. „Es ist ein Irrglaube, dass die kurzfristigen Interessen der reichen Länder die Zerstörung auf ihrer Türschwelle wert sind“, sagte die Politikerin auf der Bühne. „Wer hier ist, um zu verhindern und zu verlangsamen, ist kein Freund von Inseln wie meiner.“
Großbritannien hat ein ehrgeiziges Klimaziel verkündet
Der britische Premierminister Keir Starmer kündigte in seiner Rede an, dass Großbritannien seine Emissionen im Vergleich mit 1990 bis 2035 um 81 Prozent reduzieren würde. Damit hat Großbritannien eines der ehrgeizigsten Klimaziele der Welt, das sogar von Greenpeace gelobt wurde. „Wir fordern alle Regierungen auf, mit ambitionierten Klimazielen nachzuziehen“, sagte Starmer.
Ilham Alijew, Präsident des Gastgeberlandes Aserbaidschan, nannte im Vorhinein der offiziellen Reden fossile Brennstoffe wie Öl und Gas „ein Geschenk Gottes“, das die rohstoffreichen Staaten nutzen und verkaufen dürften. Allerdings: Um die Erderhitzung deutlich unter 2 Grad zu halten, wie im Pariser Abkommen von allen Ländern der Welt vereinbart, muss ein Großteil der verbleibenden Öl-, Gas- und Kohlevorkommen im Boden bleiben.
Dass einige Regierungen beim Klimaschutz zögern und bremsen, kritisierte Spaniens Premierminister Pedro Sánchez in seiner Rede. „Die Bedrohung durch den Klimawandel ist offensichtlich“, sagte er. In Spanien hatte Starkregen, wie er durch die Erderhitzung wahrscheinlicher wird, zu starken Überflutungen geführt. 220 Menschen starben.
Am Rande der Klimakonferenz stellte die Internationale Kryosphären-Klimainitiative ihren Bericht zum Zustand des Eises und des Schnees auf der Erde vor. Die Wissenschaftler*innen warnen, dass jede Erderhitzung über 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau sehr gefährlich sei, weil das Risiko von Kipppunkten dadurch wahrscheinlicher werde. Kipppunkte bezeichnen Prozesse des Erdsystems, die, einmal eingetreten, nicht aufzuhalten und auch nicht zu revidieren sind.
Flüchtende leiden besonders unter dem Klimawandel
Bei über 1,5 Grad Erderhitzung sind den Forscher*innen zufolge die Eisdecken in Antarktis und Arktis bedroht, viele Gletscher sowie die Nordatlantische Umwälzströmung, zu der auch der Golfstrom gehört. Dadurch könne der Meeresspiegel so weit ansteigen, dass eine Anpassung in Küstenregionen unrealistisch wird.
Beim tauenden Permafrost und der Versauerung der Meere gibt es keinen Kipppunkt. Die Wissenschaftler*innen schreiben, der Permafrost werde aber mit steigender Erderhitzung immer mehr CO2 emittieren und die Polarmeere immer saurer werden, wenn die Treibhausgasemissionen nicht sinken. Durch die Versauerung der Meere ließen sich bereits jetzt Schäden an Meereslebewesen mit Schalen beobachten.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk veröffentlichte in Baku seinen Bericht zum Zusammenhang zwischen Flucht und dem Klimawandel. 90 der 120 Millionen Flüchtenden leben in Ländern, die stark oder extrem stark betroffen sind von den Folgen der Erderhitzung. In den vergangenen zehn Jahren haben Extremwetterereignisse, die häufig vom Klimawandel verstärkt werden, 220 Millionen Menschen zur Flucht innerhalb ihres Herkunftslandes gezwungen, schreiben die Autor*innen.
Ende 2023 kamen dem Hilfswerk zufolge 70 Prozent der Flüchtenden und Asylsuchenden aus Ländern, die sehr anfällig für die Auswirkungen der Erderhitzung sind. Diese Länder können sich aufgrund interner Instabilität und fehlenden Geldes kaum an die Folgen des Klimawandels anpassen.
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