Warnstreik der studentischen Hilfskräfte: Jung und prekär beschäftigt
Die Hamburger Hochschulen versprechen attraktive Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Ausgenommen sind studentische Hilfskräfte.
Die gewerkschaftliche Basisbewegung TVStud versucht, mit dem Streik Einfluss auf die laufenden Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst zu nehmen. Zuvor hatten die Hamburger Hochschulen versprochen, die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft verbessern. Mit einer entsprechenden Absichtserklärung hatten sie auf die bundesweite #IchbinHanna-Bewegung des akademischen Mittelbaus geantwortet. Ein Teil der Angestellten blieb dabei jedoch außen vor: die studentischen Hilfskräfte.
Auf den ersten Blick wirkt die Absichtserklärung der Landeshochschulkonferenz vielversprechend. Es geht um die Schaffung „hervorragender Beschäftigungsbedingungen“ im „hervorragenden Wissenschaftsstandort“ Hamburg: weniger Befristungen, längere Arbeitsverträge, nachhaltige Innovativität – das alles unter Leitsätzen der Chancengerechtigkeit und Diversität. Allerdings bleiben Vertragslaufzeiten weiterhin abhängig von der ungewissen künftigen Fassung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG).
Dass die Zusicherungen nur für den akademischen Mittelbau gelten, erklären die Vertreter:innen der Wissenschaftsbehörde und Uni Hamburg damit, dass die Versprechungen nun mal in der Phase des Berufseinstiegs ansetzten. Nur so könne man die „Qualifizierung herausragender Persönlichkeiten“ in der Wissenschaft ermöglichen, sagt die Universität. Studentische Hilfskräfte gehören in dieser Sichtweise nicht zum Wissenschaftsbetrieb. Dabei übernehmen sie einen großen Teil der Lehre, um den akademischen Mittelbau zu entlasten.
Niemand fühlt sich zuständig
Die TVStud repräsentiert bundesweit rund 300.000 studentische Beschäftigte. Die Hamburger Erklärung kritisiert die TVStud scharf. Diese diene lediglich der Profilierung des Wissenschaftsstandorts Hamburg im Wettbewerb.
Zuständig für die prekäre Lage der studentischen Hilfskräfte scheinen sich weder die unterfinanzierten Hochschulen noch die Wissenschaftsbehörde zu fühlen. Man müsse die Tarifverhandlungen und die Reform des WissZeitVGs abwarten, vertröstet die Wissenschaftsbehörde. Ein Prüfantrag des Senats aus dem Januar dieses Jahres bezüglich „Guter Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte“ war folgenlos geblieben.
Heidi Heil von TVStud kritisiert das: „Die Wissenschaftsbehörde hätte die Gelegenheit gehabt, ein wichtiges Zeichen zu setzen und einen schnellen Schritt in Richtung Entprekarisierung zu machen.“ Anstatt mit gutem Beispiel voranzugehen, traue sich die Behörde nicht, sich auf die Seite der Beschäftigten zu stellen.
Dass ein gutes Beispiel wichtig wäre, zeigt die Studie „jung, akademisch, prekär“ des Instituts Arbeit und Wirtschaft: Studentische Beschäftigte sind permanent davon bedroht, keinen Anschlussvertrag zu erhalten, in unbezahlte Vorleistung zu gehen, verzögerte Bezahlungen zu erhalten oder sogar über den Vertragszeitraum hinaus unbezahlt weiterzuarbeiten.
Unbezahlte Überstunden sind keine Seltenheit
Zudem gelten vier Fünftel der Beschäftigten als armutsgefährdet. Viele sind gar nicht oder falsch über ihre Arbeitnehmer:innenrechte aufgeklärt worden. 40 Prozent der Befragten geben an, unbezahlte Überstunden zu leisten. Ein so geringes Maß an beruflicher Sicherheit und Planbarkeit ist für den öffentlichen Dienst einmalig.
Dass es auch anders geht, zeigt Berlin. Studentische Beschäftigte haben hier bereits seit 1980 einen Tarifvertrag. Dieser garantiert derzeit einen Stundenlohn von 12,96 Euro, Vertragslaufzeiten von vier Semestern, sowie Mindestarbeitszeiten von 40 Stunden pro Monat. Außerdem gibt es Mitbestimmungsmöglichkeiten durch studentische Personalräte.
Bei den Tarifverhandlungen ärgert die TVStud, dass die prekären Beschäftigungsverhältnisse unter dem Motto der „Wissenschaftsfreiheit“ hochgehalten würden. Hannes Lundius, studentische Hilfskraft der Uni Hamburg betont: „Wir leisten wertvolle Arbeit für den Lehr- und Forschungsbetrieb an den Hochschulen.“ Mindestlöhne und Kettenbefristungen schüfen keine gute Wissenschaft.
Was studentische Beschäftigte wirklich brauchten, sei ein Tarifvertrag, höhere Löhne und mehr Mitbestimmung. Der Warnstreik läuft noch bis morgen. Heute sollen die Azubis dazukommen, am Mittwoch alle Beschäftigten des Hamburger Öffentlichen Dienstes.
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