Walfang in Island: Hoffnung für Meeressäuger
Das Fischereiministerium in Reykjavík stoppt den Beginn des diesjährigen Finnwalfangs. Jetzt droht eine Regierungskrise.
In einer am Dienstag veröffentlichten Presseerklärung begründet sie dies mit dem „eindeutigen Votum“ eines Fachgremiums der Veterinärbehörde MAST, das am Vortag veröffentlicht worden war. Darin konstatieren die Experten, dass die gegenwärtigen Walfangmethoden mit den Tierschutzvorschriften unvereinbar sind, weil sie „eine humane Tötung nicht gewährleisten können“.
2006 hatte Island als weltweit einziges Land die kommerzielle Finnwaljagd erlaubt. Zuletzt 2018 waren von der Regierung Fanglizenzen für den Zeitraum von 2019 bis 2023 erteilt worden. Da es keine Rechtsgrundlage für einen nachträglichen Widerruf dieser Lizenzen gibt, griff die Fischereiministerin nun zu einem juristischen Trick: Der diesjährige Fang wird nicht verboten, sondern bis zum 31. August „vorübergehend ausgesetzt“.
Weder die Regierung noch der Inhaber der Walfanglizenz könnten nämlich gegenwärtig einen Fang garantieren, der mit den Tierschutzerfordernissen zu vereinbaren sei. Falls weitere Untersuchungen ergeben sollten, dass dies doch möglich ist, könne ein Walfang ja nach dem 1. September beginnen.
Tierschützender Walfang geht nicht
Diese Bedingung der Ministerin dürfte unmöglich zu erfüllen sein. Eine im Mai veröffentlichte Studie der isländischen Regierung bestätigte nämlich, was Wal- und Tierschutzorganisationen diesem Walfang schon lange vorwerfen: Er ist eine grausame Tierquälerei. Eine an Bord der Walfangschiffe durchgeführte Überwachung des letztjährigen Walfangs durch die Veterinärbehörde hatte gezeigt, dass nur zwei Drittel der Wale binnen einer Minute, nachdem sie von einer Sprengharpune getroffen wurden, starben oder das Bewusstsein verloren. Der Rest erlitt einen langen und qualvollen Tod, ihr Todeskampf dauerte bis zu zwei Stunden.
Die Veröffentlichung dieses Rapports erregte sowohl national wie international Aufsehen und hatte neue Forderungen nach einer Beendigung der schon lange kritisierten Waljagd zur Folge.
Das innenpolitische Problem: Die Links-Grünen, der die Fischereiministerin und auch Regierungschefin Katrín Jakobsdóttir angehören, hatten bislang mit ihrer Forderung auf Beendigung des Walfangs und der Weigerung zur Erteilung neuer Fanglizenzen weder in ihrer Dreiparteienkoalition mit der Selbstständigkeits- und der Fortschrittspartei noch im Parlament eine Mehrheit. Vertreter der Koalitionsmehrheit äußerten mittlerweile auch Zweifel, ob es für den Schritt von Svandís Svavarsdóttir überhaupt eine rechtliche Grundlage gebe, ein Gewerkschaftsvertreter warf der Ministerin „Populismus und Demagogie“ vor. Womöglich führt ihr Beschluss nun zu einer Regierungskrise.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“