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Waldgesundheit und TechnologieBäume mit Social-Media-Anschluss

Von Wachstum bis Herzschlag: Mit Sensoren erfassen Forscher das Innenleben von Bäumen. Die Pflanzen teilen online mit, wie es ihnen geht.

Baum mit Stethoskop – äh, Sensor Foto: dpa

BERLIN taz | „Ich bin eine Birke in Joachimsthal und ich brauche Wasser“ – so klingt es wenn Bäume twittern. Das europäische Cost-Netzwerk „STReESS“ hat am Donnerstag den ersten Baum in Deutschland online gehen lassen.

Bereits sieben Bäume in Belgien und den Niederlanden wurden von den Forschern mit Sensoren bestückt, die das Baumwachstum erfassen. Zusätzlich messen die Sensoren den Saftfluss von den Wurzeln in die Krone – vergleichbar mit dem Herzschlag des Menschen. Und die gewonnen Daten twittern die Bäume direkt über W-Lan-Verbindungen online.

Die Feindiagnose der Bäume gibt Wissenschaftlern Aufschluss über den Zustand eines Baumes, lange bevor die Blätter welk werden. Ute Sass-Klaasen von der Universität Wageningen erklärt: „Der Baum ist unser Archiv, das heißt, wir lesen Klimageschichte in den Bäumen.“ Zunehmende Trockenheit und Dürre verändere die Wälder in Deutschland deutlich. Bisherige Modelle, die sich vor allem auf ganze Baumbestände konzentrierten, stellten die Veränderungen nur lückenhaft dar.

Die gewonnen Informationen interessieren insbesondere die Forstbetriebe, deren gepflanzte Bäume 70 bis 80 Jahre stehen sollen. „Welche Baumarten kommen sowohl mit Bodenfrost, wie er jetzt noch auftritt, als auch mit dem trockenen Klima, dass uns in 20 bis 30 Jahren erwartet, zurecht?“ fragt Andreas Bolte vom staatlichen Thünen-Institut. Statt der hier heimischen Buche wird in Zukunft möglicherweise ihre spanische Verwandte angepflanzt.

Die Ökophysiologin Kathy Steppe von der belgischen Universität Gent betont das Ziel der Aktion, ein Bewusstsein für das Innenleben der Pflanzen zu schaffen. Dass jeder unter @TreeWatchNet lesen könne, wie es den Bäumen geht, sensibilisiere für zunehmenden Probleme. Steppe hofft, dass in Zukunft noch viel mehr twitternde Bäume dazu kommen: Das langfristige Ziel des Netzwerk ist ein europaweites Frühwarnsystem, das die Gefahren durch Extremwetterlagen sofort erkennbar macht.

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1 Kommentar

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  • Typisch Mensch! Die heimische Buche kommt nicht mehr klar mit den vom Menschen verursachten Klimaphänomenen? Na, dann pflanzen wir doch einfach ihre spanische Verwandte! Dann können wir weitermachen wie bisher, ohne ökonomische Verluste zu erleiden!

     

    Der Mensch kassiert, die Natur zahlt. Hauptsache, das ganze wird technisch organisiert und live übertragen. Wir können echt stolz sein auf uns! :(((