Wahlprogramm der Linken: Sie wollen regieren
Die Linke hat einige wichtige Punkte für sich geklärt und den Streit vorerst begraben. Grün-Rot-Rot ist man dennoch kaum näher gekommen.
D ie Linke hat ihr Wahlprogramm beschlossen. Ist damit ein mögliches Mitte-links-Bündnis wahrscheinlicher geworden? Kurze und harte Antwort: nein. Denn zwei wichtige Voraussetzungen sind nach wie vor nicht gegeben. Es gibt in Umfragen keine Mehrheit für Grün-Rot-Rot. Und es gibt keine sichtbare Bereitschaft von Grünen, SPD und Linken, es miteinander zu probieren.
Dennoch – lange Antwort – hat die Linke für sich wichtige Punkte geklärt. Den meisten Genoss:innen ist nun klar, dass die jüngsten Streitereien, inklusive Ausschlussantrag und Aufruf zum Wahlboykott der beiden Parteipromis Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine, die Partei geradewegs in die Fünfprozent-Todeszone führen. Die Sehnsucht, den unproduktiven Zank zu beenden, war trotz des virtuellen Formats mit Händen zu greifen. So wurde etwa ein Antrag, Gendersternchen in der Einleitung durch Doppelpunkte zu ersetzen, kommentarlos zurückgenommen. Bloß keine Symboldebatten mehr.
Und die Linke hat für sich geklärt, dass sie regieren will. Das Begehren, die Partei auf die Oppositionsrolle festzulegen, stimmten die Delegierten mit Zweidrittelmehrheit weg. Ergänzt wurde das Schlusskapitel dagegen um eine Passage, die noch konkret erläutert, woran sich eine Mitte-links-Regierung messen lassen soll. Dazu gehören etwa ein zweistelliger Mindestlohn, das Aus für Rüstungsexporte und radikaler Klimaschutz, den sich die Genoss:innen zum Teil von Fridays for Future ins Programm schreiben ließen. Er soll aber auf keinen Fall auf Kosten der Armen gehen, weshalb eine Vermögenssteuer für Grün-Rot-Rot ein Muss wäre.
Doch ein Wahlprogramm existiert in seiner Reinheit nur bis zur Wahl. Danach kann die Linke es entweder in der Opposition konservieren oder aber in Sondierungen versuchen, einen Teil davon durchzusetzen. Die Fähigkeit zum Kompromiss war in der Linken bisher nicht sehr ausgeprägt. Der Parteitag hat gezeigt, dass man sich durchaus inhaltlich streiten und auf persönliche Attacken verzichten kann. Insofern ist die Linke einem Mitte-links-Bündnis doch ein My näher gekommen.
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