Wahlkampfauftakt in den USA: Ein Marktschreier will ins Weiße Haus
Mit Ted Cruz erklärt ein republikanischer Rechtsaußen seine Kandidatur zur Präsidentschaftswahl 2016. Doch er hat in der eigenen Partei viele Gegner.
NEW YORK taz | Der Präsidentschaftswahlkampf 2016 hat begonnen. Ted Cruz, Rechtsaußen der Republikanischen Partei und als Senator verantwortlich für die längste Blockade der Regierungsfinanzen in der US-Geschichte, preschte als erster Kandidat aus einer der beiden großen Parteien vor. Vor einer Kulisse von Tausenden von StudentInnen, die von ihrer evangelikalen Universität zur Anwesenheit verpflichtet worden waren, richtete sich Cruz ausdrücklich an „konservative Christen“.
Ihnen versprach er, dass er die Einkommensteuer, die Gesundheitsreform und die Homoehe abschaffen, dass er das Waffentragen für alle verteidigen, die Verteidigung der US-Grenzen intensivieren, die Beziehung zu Israel restaurieren und die islamistischen Kämpfer „vernichten“ werde. Der 44-jährige Anwalt vermied jede namentliche Erwähnung von lebenden US-PolitikerInnen, stattdessen bejubelte er den früheren Präsidenten Ronald Reagan und den israelischen Premier Benjamin Netanjahu.
Cruz ist Sohn einer US-amerikanischen Mutter und eines kubanischstämmigen Vaters und ist selbst in Kanada geboren. Aber als einer der schärfsten Kritiker von Einwanderungsreformen und jeder Sozialpolitik von Präsident Obama ist er für Latinos und für Angehörige anderer „Minderheiten“ praktisch nicht wählbar.
Selbst im Establishment seiner eigenen Partei hat Cruz vor allem GegnerInnen. Moderate RepublikanerInnen benutzen das Wort „Hass“, wenn sie über Cruz reden, der vor drei Jahren auf der Tea-Party-Welle Senator geworden ist. „Das amerikanische Volk braucht einen qualifizierteren Präsidenten als diesen Marktschreier“, erklärte der republikanische Geheimdienstexperte im Kongress, Peter King, kurz nach Cruz’ Auftritt am Montag.
Großes Gedränge am rechten Rand
Der Kandidat spricht für jene rechte Basis, die so wenig „Staat“, so wenig Gesetze, so wenig Steuern wie irgend möglich wollen. Cruz’ Problem mit dieser hoch motivierten Anhängerschaft ist, dass sie von zahlreichen republikanischen „Anti-Establishment“-Kandidaten umworben wird. Zu seinen stärksten Konkurrenten gehören der Governor von Wisconsin, Scott Walker, und die Senatoren Rand Paul und Marco Rubio. Die drei gehören zu derselben Generation und vertreten ähnliche politische Ziele. Falls alle drei, wie erwartet, in den nächsten Wochen ebenfalls ihre Kandidaturen erklären, wird das Gedränge am rechten Rand groß.
Mit der frühen Kandidatur von Cruz wird klar, dass die Kampagne bis zu den Wahlen im November 2016 quälend lang werden wird. Es zeichnet sich ebenfalls ab, dass dabei mehr Milliarden verschleudert werden als bei jedem vorausgegangenen Urnengang. Ein großer Teil dieser Wahlkampfgelder wird jeder öffentlichen Kontrolle entgehen. Die Gebrüder Koch, die einen der weltweit größten Öl-Konzerne führen und zu den wichtigsten Finanziers der radikal rechten Tea Party gehören, haben bereits angekündigt, dass sie eine Milliarde Dollar in den Wahlkampf investieren wollen.
Während es auf der Rechten eng wird, hat die Linke in den USA immer noch keineN eigeneN KandidatIn. Hingegen sitzen zwei Verwandte von Expräsidenten in den Startlöchern. Der Republikaner Jeb Bush – Sohn und Bruder – und die Demokratin Hillary Clinton – Gattin – „prüfen“ offiziell noch eine Kandidatur und sammeln Geld.
So bald sie ihre Absichten offiziell machen, werden Bush und Clinton als die jeweils stärksten KandidatInnen ihrer Partei auftreten können. Dabei kann vor allem Clinton auf zahlreiche Alleinstellungsmerkmale hoffen: als einzige aussichtsreiche Frau im Rennen. Und als Kandidatin, gegen die es bisher aus den Reihen der eigenen Partei nur ganz zaghaften Widerspruch gibt.
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