Wahlkampf in den USA: Obama greift Trump an

Ex-Präsident Obama greift zugunsten von Joe Biden in den US-Wahlkampf ein. Laut US-Geheimdiensten versuchen Russland und Iran Wähler zu manipulieren.

Mann hinter schwarzem Mund-Nase-Schutz gestikuliert.

Ex-Präsident Barack Obama am Mittwoch in Philadelphia Foto: Kevin Lamarque/Reuters

WASHINGTON afp | Der frühere US-Präsident Barack Obama hat bei seiner ersten Wahlkampfkundgebung zur Unterstützung des Präsidentschaftskandidaten Joe Biden Amtsinhaber Donald Trump angegriffen. In einer Rede am Mittwoch in Philadelphia bezeichnete Obama den Präsidenten als „unfähig, den Job ernst zu nehmen“. Das Amt an der Spitze des Staates sei „keine Reality-Show. Dies ist die Realität“, sagte Obama unter Anspielung auf Trumps frühere Rolle in der TV-Serie „The Apprentice“.

Botschaften auf Twitter abzusetzen, „während man vor dem Fernseher sitzt, löst nicht die Probleme“, sagte Obama über Trump. An die Anhängerschaft seiner Demokratischen Partei appellierte der Ex-Präsident, sich nicht wegen der derzeitigen positiven Umfragewerte für Biden in falscher Sicherheit zu wähnen.

Er verwies auf die irreführenden Umfragen zur Präsidentschaftswahl vor vier Jahren, die einen Sieg der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton über Trump vorausgesagt hatten. Damals seien viele Menschen aufgrund dieser Umfragen „faul und selbstgefällig“ geworden und nicht zur Wahl gegangen. Dies dürfe sich nicht wiederholen.

Sowohl in den landesweiten Umfragen als auch in den Befragungen in einzelnen als wahlentscheidend geltenden Bundesstaaten zur Wahl am 3. November liegt Biden vor Trump. Demoskopen versichern, sie hätten aus ihren Fehler vor vier Jahren gelernt und ihre Methoden verbessert.

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Der bei vielen Demokraten hoch angesehene Obama hatte sich in den vergangenen Monaten bereits in Videobotschaften hinter Biden gestellt, der ihm acht Jahre lang als Vizepräsident gedient hatte. Nun aber trat er erstmals direkt vor Anhängern auf.

Obama tritt bei Drive-in-Veranstaltung in Philadelphia auf

Seine Kundgebung war allerdings wegen der Coronapandemie als Drive-in-Veranstaltung organisiert, bei der die Zuhörer in ihren Autos sitzen bleiben mussten. Philadelphia liegt im Bundesstaat Pennsylvania, der zu den Schlüsselstaaten bei der Wahl gezählt wird. 2016 hatte Trump dort überraschend gegen Clinton gewonnen.

Vor seiner Rede hatte sich Obama in Philadelphia mit afroamerikanischen Gemeindeführern getroffen. Dabei warf er Trump massive Versäumnisse im Umgang mit der Coronapandemie vor. Viele Menschen hätten nicht sterben müssen, wenn es in der Regierung nicht derart viel „Inkompetenz“ gegeben und diese nicht derart viele „Falschinformationen“ verbreitet hätte, sagte Obama.

Die USA sind mit rund 8,3 Millionen verzeichneten Infektionsfällen und mehr als 220.000 Todesopfern das am härtesten von der Coronapandemie betroffene Land der Welt.

Russland und Iran sollen Wählerdaten abgegriffen haben

Nach US-Geheimdiensterkenntnissen haben Russland und der Iran Daten von WählerInnen abgegriffen. Diese wollten beide Staaten nutzen, um Falschinformationen an eingetragene WählerInnen zu schicken, sagte der US-Geheimdienstkoordinator John Ratcliffe am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Washington. Ziel sei es, „Verwirrung zu stiften, Chaos zu säen und das Vertrauen in die amerikanische Demokratie zu untergraben“.

Laut Ratcliffe verschickten iranische Stellen bereits „gefälschte“ E-Mails, um US-WählerInnen einzuschüchtern, zu gesellschaftlichen Unruhen anzustacheln und Präsident Donald Trump „zu schaden“. Auch habe der Iran ein Video verbreitet, das dazu verleiten solle, falsche Briefwahlstimmen einzuschicken.

Trump hat in den vergangenen Monaten immer wieder behauptet, dass die Briefwahl extrem anfällig für Betrug sei – worin ihm ExpertInnen allerdings dezidiert widersprechen. Wegen der Coronapandemie gibt es jetzt sehr viele BriefwählerInnen.

Hackerangriffe und Nutzung falscher Identitäten schon 2016

Informationen über verdeckte ausländische Einmischungen in den diesjährigen US-Wahlkampf hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder gegeben. Bereits in die Wahl 2016 hatte Russland nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste massiv interveniert – zugunsten Trumps und zum Schaden seiner unterlegenen Rivalin Clinton. Dies sei unter anderem durch Hackerangriffe und Internetkampagnen unter falschen Identitäten erfolgt.

Kurz vor Ratcliffes Pressekonferenz hatten Drohmails an WählerInnen für Wirbel gesorgt, die als Mitglieder der Demokratischen Partei registriert sind. In Alaska, Arizona, Florida und Pennsylvania bekamen WählerInnren Medienberichten zufolge solche E-Mails, in denen sie zur Stimmabgabe für Trump aufgefordert wurden. Absender war eine Adresse der rechtsradikalen Gruppe Proud Boys. Diese bestritt aber, hinter den E-Mails zu stecken.

„Wir haben alle Deine Informationen“, heißt es in den E-Mails, deren Adressaten namentlich genannt werden. „Du bist derzeit als Demokrat registriert, und wir wissen das, weil wir Zugriff auf die gesamte Wahl-Infrastruktur erhalten haben. Du wirst am Wahltag für Trump stimmen oder wir werden Dich kriegen.“ In den USA sind viele Wählerdaten öffentlich zugänglich.

Am Donnerstagabend treten Trump und Biden bei ihrem zweiten und letzten Fernsehduell vor der Wahl gegeneinander an.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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