Wahlkampf in Brasilien: Auf der Zielgeraden
Im brasilianischen Wahlkampf sichert sich Präsident Bolsonaros Herausforderer Lula prominente Unterstützung. Aktuell liegt er vorn.
Dieser will am 2. Oktober wiedergewählt werden, liegt in allen Umfragen aber klar hinter Ex-Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva. Kommt kein*e Kandidat*in in der ersten Runde auf über 50 Prozent, gibt es am 30. Oktober eine Stichwahl.
Viele Anhänger*innen Bolsonaros misstrauen den Umfragen, so auch Navarro. „Alles gefälscht“, sagt sie knapp. Als eine Gruppe Polizist*innen an ihr vorbei läuft, unterbricht Navarro das Interview und salutiert mit ernster Miene. Viele Rechte betrachten die für Gewalt berüchtigte Polizei als Helden, viele Polizist*innen stehen wiederum Bolsonaro nahe.
Der Präsident verbreitet seit Monaten Lügen über das Wahlsystem – obwohl es erst im Oktober einen Sicherheitstest ohne Probleme bestanden hatte. Viele befürchten, dass Bolsonaro im Stile von Donald Trump die Ergebnisse anzweifeln wird. Bei einer Veranstaltung in der Stadt Campinas rief er einer jubelnden Menschenmasse zu, er werde in der ersten Wahlrunde gewinnen.
Lula schmiedet breites Bündnis
Auch Bolsonaros großer Widersacher Lula verkündete selbstbewusst, einen Wahlsieg in der ersten Runde anzustreben. Und ganz so unwahrscheinlich ist das tatsächlich nicht mehr: In den letzten Tagen hat der Ex-Gewerkschafter deutlich zugelegt.
Der für sein Charisma und Verhandlungsgeschick berühmte Lula hat ein breites Bündnis geschmiedet, um an die Spitze des größten Landes Lateinamerikas zurückzukehren. Sein Vize ist der konservative Ex-Gouverneur von São Paulo, Geraldo Alckmin. Zuletzt sagte der Ex-Präsident der Zentralbank, Henrique Meirelles, ebenfalls Lula seine Unterstützung zu.
Während die Finanzmärkte erfreut auf den Schulterschluss reagierten, schrillen bei Linken die Alarmglocken. Die Befürchtungen sind groß, dass Lulas Amtszeit von einer orthodoxen Finanzpolitik geprägt sein könnte. Doch allzu große interne Kritik wird im Wahlkampf zurückgehalten.
Lula konnte sich kürzlich weitere prominente Unterstützung sichern. Die prominente Umweltschützerin und ehemalige Ministerin Marina Silva erklärte ihren Schulterschluss mit Lula. „Bolsonaro wird ein Vermächtnis der Zerstörung hinterlassen“, sagt Silva der taz. „Mehr als 40.000 Quadratkilometer des Amazonas-Regenwaldes wurden während seiner Amtszeit zerstört.“
Korruption, Krise und Arbeitslosigkeit
Neben seiner Umweltpolitik steht Bolsonaro auch wegen anderer Dinge in der Kritik. Zwei Journalist*innen des Onlinemediums UOL deckten kürzlich auf, dass die Bolsonaro-Familie 51 ihrer 107 Immobilien mit Bargeld gezahlt haben soll. Gegen den Präsidenten, der sich gerne als Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft inszeniert, steht nun der Vorwurf der Geldwäsche im Raum.
Auch die schwere Wirtschaftskrise und die wachsende Armut werden immer mehr zum Problem für Bolsonaro. Die Inflation ist hoch, die Energiepreise steigen, und die Arbeitslosigkeit klettert auf immer neue Rekordwerte. 31 Millionen Brasilianer*innen hungern inzwischen – 15 Prozent der Bevölkerung.
„Bolsonaro wird ein Brasilien des Elends und des Hungers hinterlassen“, sagt Symmy Larrat der taz. Die 44-Jährige ist eine von zahlreichen trans Kandidat*innen. Larrat will für die Arbeiterpartei PT in das Bundesparlament einziehen und als erste Maßnahme eine neoliberale Schuldenbremse rückgängig machen.
Doch die Politikerin gibt zu, dass es nicht einfach wird. Denn vermutlich wird die Linke keine Mehrheit im Parlament haben. Jetzt müsse es aber erst einmal darum gehen, Bolsonaro abzuwählen. Dann könne man weitersehen.
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