Wahljahr in Simbabwe: Simbabwe fällt zurück in Gewalt
Seit Oppositionsführer Nelson Chamisa eine neue Partei gegründet hat, schimpft und knüppelt die Staatsmacht wieder wie in alten Mugabe-Zeiten.
Die CCC entstand im Januar, als die größte Oppositionspartei MDC (Bewegung für demokratischen Wandel) sich zerfleischte und ihr Anführer Nelson Chamisa kurzerhand eine eigene Partei gründete. Chamisa war bereits bei den Wahlen 2018 der wichtigste Herausforderer von Mnangagwa gewesen.
Die Wahlen 2023 dürften eine Wiederholung dieser Konfrontation mit sich bringen. Eine Generalprobe gibt es am 26. März, bei 133 Nachwahlen zu Parlament und Kommunalvertretungen, die während der Coronapandemie nicht stattfinden konnten.
In bewährter Manier kommen nun von ZANU-PF die aus Mugabe-Zeiten bekannten Vorwürfe, wonach die Opposition unter Chamisa eine Marionette westlicher Interessen sei. Festnahmen und Gewalttaten nehmen zu. Die CCC-Farbe Gelb zu tragen ist schon fast ein Verbrechen geworden: In Harare wurden CCC-Unterstützer allein auf Grundlage der Farbe ihrer Kleidung festgenommen und beschuldigt, den Fußgängerverkehr zu stören.
Die erste große CCC-Versammlung mit Chamisa am 20. Februar wurde nur unter strengen Auflagen genehmigt: Die Partei durfte keine Unterstützer per Auto herbeiholen und keine als „Toyi-Toyi“ bekannten militanten Tänze aufführen; die Polizei riegelte Zufahrtsstraßen ab. Dennoch, oder vielleicht gerade in Reaktion auf diese Maßnahmen, kamen Zehntausende und verwandelten das historische Stadion Zimbabwe Grounds im Stadtteil Highfields von Harare in ein Meer von Gelb.
„Dreimal C ist Simbabwes nächste Regierung!“, rief Chamisa. „Wir werden keinen Wahlbetrug zulassen. Nie wieder.“ Bei den Wahlen 2018 hatte den amtlichen Ergebnissen zufolge Mnangagwa gegen Chamisa mit 51,4 gegen 45,2 Prozent gewonnen – Chamisa zog wegen Wahlbetrugs vor Gericht und verlor.
Die CCC-Sympathisanten hätten mit ihrer zahlreichen Teilnahme auf das „schändliche“ Verhalten des Staates reagiert, sagte Kommentator Ibbo Mandaza: „Mnangagwas Regime hängt am seidenen Faden.“ Simbabwes Staatsmedien berichteten nicht über die Großkundgebung, sie wurde nur über soziale Medien übertragen – rein zufällig verlangsamte sich das Internet in der fraglichen Zeit deutlich.
Bei einer erneuten CCC-Versammlung am 27. Februar griffen ZANU-PF-Anhänger die Menge laut Augenzeugen mit Eisenstangen, Macheten und Steinen an. Ein Mensch wurde getötet und 17 verletzt.
Ein weiteres Problem der Opposition besteht darin, dass die Staatsverwaltung auffallend langsam neue Personalausweise ausstellt, wie sie zur Wählerregistrierung gebraucht werden. Es gebe eine „Herausforderung“, sagte dazu Innenminister Aaron Nhepera. Eine Firma aus Litauen stellt Simbabwes Personalausweise und Pässe her. Oppositionelle sagen, auf diese Weise wolle die Regierung Jugendliche von den Wählerlisten fernhalten. Zugleich würden Tote nicht pünktlich gestrichen.
Auch ZANU-PF bereitet sich mit Kundgebungen auf die Nachwahlen vor. In Marondera, 70 Kilometer östlich der Hauptstadt Harare, warnte Vizepräsident und Exarmeechef Constantino Chiwenga vor einem „Ausverkauf des Landes an seine ehemaligen Kolonialherren“ und behauptete: „Die Opposition wird von Ausländern angeführt, die dieses Land zerstören wollen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!