Wahlen zum EU-Parlament: Neue Partei will EU demokratisieren
Zu den Europawahlen will erstmals eine gesamteuropäische Partei antreten: die Newropeans. Ihre Forderungen sind für alle Mitgliedstaaten relevant.
BERLIN taz Bei der Wahl zum EU-Parlament am 7. Juni könnte es erstmals eine gesamteuropäische Partei geben. "Newropeans ist die erste transeuropäische politische Bewegung", heißt es auf ihrer Webseite. Im Unterschied zu den national verankerten Parteien, die sich erst nach der Wahl auf europäischer Ebene zusammenschließen, haben die Newropeans von vornherein einen gesamteuropäischen Anspruch. Das heißt: Die neue Partei geht mit Forderungen in den Wahlkampf, die für alle 27 Mitgliedstaaten der EU relevant sind.
Die Herausforderung, die es für das in dieser Form einmalige Bündnis zu bewältigen gilt, ist groß. Damit die Liste mit den acht deutschen Kandidaten zur kommenden Europawahl zugelassen wird, müssen die 30 deutschen Mitglieder allein hierzulande bis Ende März insgesamt 4.000 Unterschriften zusammen gesammelt haben. Doch seit Januar sind erst etwa 1.800 neue Unterschriften hinzugekommen. 2.054 Unterschriften fehlen ihr also noch. "Europapolitik ist ein kompliziertes Thema", rechtfertigt sich Margit Reiser-Schober, Koordinatorin der Lokalen Gruppen der Newropeans im Rhein-Main-Gebiet. Insgesamt will die Bürgerbewegung in zehn Ländern antreten. Weil das europäische Wahlrecht bisher noch keine gesamteuropäische Kandidatur vorsieht, müssen sich die Mitglieder in ihrem jeweiligen Heimatland um die Zulassung zur Wahl bemühen.
Gegründet wurde das Bündnis bereits im Juni 2005. Franck Biancheri, der als Ideengeber hinter dem Projekt steht, gilt als Erfinder des europäischen Studentenaustauschprogramms Erasmus. Im Gegensatz zu Erasmus blieb der Erfolg bei den Newropeans bislang aber aus. 10.000 Mitglieder wollte der Franzose Biancheri nach eigener Aussage bis Mitte 2007 für sein Vorhaben gewinnen. Tatsächlich haben sich dreieinhalb Jahre nach der Gründung europaweit nur etwa 300 Mitglieder angemeldet. In Deutschland sind es gar nur 30. Angesichts der rund 500 Millionen Einwohner, die Europa mittlerweile zählt, eine verschwindend geringe Zahl. Biancheri ficht das nicht an: "Viel wichtiger als zahlende Mitglieder sind uns die vielen Interessenten, die auf unserer Internetseite klicken und unser Onlinemagazin lesen", sagt er. Um die 500.000 Mal werde der Onlineauftritt der Newropeans laut Biancheri jeden Monat aufgerufen.
Kernforderung der Newropeans ist die Demokratisierung der Europäischen Union. In einer Onlinedebatte hat die Bürgerbewegung ihre Grundpositionen erarbeitet. Dazu gehört unter anderem die Emanzipation des Europäischen Parlaments von der tonangebenden Europäischen Kommission. Langfristig tritt das Bündnis sogar für die Abschaffung der EU-Kommission ein. Eine europäische Regierung, die - analog der deutschen Bundesregierung - durch das Parlament gewählt werden könnte, soll die Aufgaben der Kommission übernehmen. Sobald die Demokratisierung der EU erreicht ist, will sich die selbsternannte "Transitionspartei" auflösen.
Eilig mit der Umsetzung ihrer Forderungen hat es die neue transeuropäische Partei aber nicht: Sie rechnet damit, dass der Demokratisierungsprozess 15 bis 20 Jahre dauern wird.
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