Wahlen in bosnischer Teilrepublik: Sinisa Karan gewinnt Präsidentschaftswahl
Bei vorgezogenen Wahlen in der Republika Srpska gewinnt der Kandidat des abgesetzten Serbenführers Milorad Dodik. Die Wahlbeteiligung ist sehr niedrig.
Als am Samstag ein Schneesturm über das Land hereinbrach, waren die Organisatoren der vorgezogenen Präsidentschaftswahlen in der serbischen Teilrepublik Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina „not amused“. Das Wetter sorgte für logistische Probleme: Einige Wahllokale konnten nicht rechtzeitig öffnen, Material konnte nicht zugestellt werden. Es kam zu Stromausfällen in mehreren Regionen, was den Wahlprozess zusätzlich erschwert.
Inwieweit der Schneesturm vom Samstag den Ausgang der Wahlen beeinflusst hat, ist nicht abzusehen. Dreißig Zentimeter Neuschnee auf allen Straßen, vereiste Gehwege – eine Herausforderung für die Organisatoren, aber auch die Wähler. Denn wer geht da schon gerne ins Wahllokal?
Tatsächlich war die Wahlbeteiligung mit etwas über 36 Prozent sehr niedrig. Auch ein erstes Ergebnis gibt es nach Auszählung von 93 Prozent aller Stimmzettel bereits: Sinisa Karan, Kandidat des abgesetzten bosnischen Serbenführers Milorad Dodik, kommt auf 50,9 Prozent der Stimmen, so die Wahlkommission am späten Sonntagabend.
Karan galt als klarer Favorit unter den sechs angetretenen Kandidaten. Der Ex-Innenminister und Dodik-Vertraute war Spitzenkandidat der Regierungspartei SNSD. Sein Hauptkonkurrent Branko Blanusa erhielt 47,8 Prozent der Stimmen.
Milorad Dodik
Zweifel an der Anzahl der Wahlberechtigten
Sinisa Karan gewann vor allem in der Hauptstadt der Teilrepublik Banja Luka. Dort sitzen die Profiteure des Dodik-Regimes, die Bürokraten und Geschäftsleute, die „Schleimer des Regimes“, wie Spötter sagen. Dagegen kam der Gegenkandidat – der eigentlich untadelige Elektrotechnik-Professor Blanusa aus der Oppositionspartei SDS – nicht an. Er gewann immerhin in der zweitgrößten Stadt Bijeljina und anderen kleineren Wahlbezirken die Mehrheit.
Doch es gibt Zweifel an der Wahl seitens der Opposition. Die Zahl von 1,2 Millionen Wahlberechtigten ist seit jeher stark fraglich: Viele Einwohner leben im Ausland, Tote werden nicht aus dem Register entfernt. Und die Zahl der Wahlberechtigten sei höher als die Bevölkerungszahl des letzten Zensus von 2013 der Gesamtbevölkerung in diesem Gebiet, witzeln Oppositionelle. Bei den letzten Wahlen forderte die damalige Kandidatin eine Neuauszählung der Stimmen, was damals verhindert wurde.
Dodik war Anfang August von der Zentralen Wahlkommission nach fast zwei Jahrzehnten an der Macht seines Amtes als Präsident der Republika Srpska enthoben worden. Nach dem Urteil darf er sechs Jahre lang kein politisches Amt ausüben. Er wurde verurteilt, weil er zwei Gesetze in Kraft gesetzt hatte, welche die Umsetzung von Entscheidungen des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina untersagten.
Dodik ist weiterhin der Strippenzieher
Er hatte sich dennoch in den Wahlkampf eingemischt. Sinsa Karan steht auf seinen Wahlplakaten zwar im Vordergrund. Doch hinter ihm steht Ex-Präsident Dodik. Das Plakat sollte zwar den Nachfolger-Kandidaten Sinisa Karan im Wahlkampf gegen den Spitzenkandidaten der Opposition stützen. Doch eigentlich zeigt es: Milorad Dodik ist weit entfernt davon, die Macht klaglos abzugeben – er bleibt der Strippenzieher bei den serbischen Nationalisten in Bosnien und Herzegowina.
„Die heutige Wahl wurde von unserem Kandidaten Sinisa Karan gewonnen. Das steht außer Frage“, erklärte Dodik vor Anhängern in Banja Luka. „Sie wollten Dodik durch einen vollkommen unfairen politischen Prozess entfernen“, fügte er am späten Sonntagabend hinzu, „und jetzt haben sie zwei Dodiks“.
Der Wahlsieger Karan wird allerdings nur knapp ein Jahr im Amt sein, da in Bosnien schon im Oktober 2026 landesweite Parlaments- und Präsidentschaftswahlen anstehen.
Bosnien und Herzegowina ist seit dem Dayton-Abkommen geteilt in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina. Die beiden halbautonomen Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung miteinander verbunden. Knapp ein Drittel der noch knapp drei Millionen Einwohner lebt in der Republika Srpska, deren Gebiet fast die Hälfte des Balkanstaates ausmacht.
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