Barbara Oertel zum Umgang mit Usbekistans Präsident: Leider Realpolitik
Ein neues Usbekistan, wo die Rechte und Freiheiten aller Bürger*innen geschützt sind: Was dieses vollmundige Versprechen von Schawkat Mirsijojew wert ist, hat die Präsidentenwahl vom vergangenen Sonntag gezeigt – nämlich nichts. Der Amtsinhaber fährt nach 2016 mit über 80 Prozent der Stimmen erneut ein Ergebnis ein, das an glorreiche Sowjetzeiten erinnert. Zugelassen waren außer ihm nur vier von Hand verlesene Mitbewerber*innen, die das Hohelied der Regierung sangen. Kritische Geister wurden vorher aussortiert und noch dazu unter Druck gesetzt. Das war auch schon bei der Parlamentswahl 2019 so, bei der ebenfalls keine oppositionellen Parteien antreten durften. Dazu passt, dass unbequeme Journalist*innen, Blogger*innen und Aktivist*innen in den vergangenen Wochen und Monaten massiven Repressionen vonseiten des Staates ausgesetzt waren – mit dem Ziel, sie mundtot zu machen.
Also alles wie immer in Usbekistan? Nicht ganz. Immerhin hat sich Usbekistan nach jahrzehntelanger Abschottung seit Mirsijojews Machtantritt 2016 für das Ausland geöffnet – zur Freude all derer, die mit dem an Rohstoffen reichen Land ins Geschäft kommen wollen. Für Deutschland ist Usbekistan nach Kasachstan schon jetzt der zweitwichtigste Handelspartner in Zentralasien. Zudem dürfte Mirsijojew nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan zu einem wichtigen Gesprächspartner für den Westen avancieren. Um sich potenzielle Flüchtlinge vom Hals zu halten, ist ja bekanntermaßen, wie das Beispiel des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zeigt, ein „Dialog“ mit jedem Staats- oder Regierungschef willkommen.
Aber deshalb Mirsijojew, der das Image Usbekistans im Ausland aufpolieren möchte, weiter als Reformer preisen – einen Mann, der sich und seinen Hofschranzen schamlos die Taschen füllt? Es sieht danach aus, hört man westlichen Regierungen zu. Wen interessiert es da schon, dass den Usbek*innen nach wie vor elementare demokratische Rechte vorenthalten und ihre Menschenrechte verletzt werden, wenn es denn dem Machterhalt dient? Das ist eben Realpolitik. Leider.
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