piwik no script img

Wahlen in SpanienMadrid wählt rechts

Die rechte Partido Popular legt bei den Regionalwahlen in Madrid zu. Sie konnte sich mit dem Slogan „Freiheit“ in der Coronpandemie durchsetzen.

In Siegeslaune: Anhänger von Partido Popular nach der Regionalwahl in Madrid Foto: Bernat Armangue/ap

Madrid taz | Die konservative Präsidentin der spanischen Hauptstadtregion Madrid, Isabel Díaz Ayuso, gewann die vorgezogenen Neuwahlen haushoch. Ihre Partido Popular (PP) erzielte 44,7 Prozent der Stimmen. Das sind 22,5 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Statt mit 30 Abgeordneten wird die PP mit 65 in das künftige Regionalparlament einziehen.

„Heute beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte Spaniens“, rief sie Tausenden von Anhängern zu, die sich vor dem Parteisitz versammelt hatten. „Wir haben ein demokratisches Misstrauensvotum gegen Sánchez durchgeführt“, beteuerte der PP-Generalsekretär und spanischer Oppositionsführer Pablo Casado.

Die Menge schwenkte rot-gelb-rote Spanienfahnen und die blauen Parteiwimpel. „Freiheit! Freiheit!“, skandierten sie. Dies war der Slogan Ayusos, die die Wahlen zu einer Art Abstimmung zwischen ihrer laxen Anti-Corona-Politik mit offenen Kneipen und der für den Alarmzustand verantwortlichen Linksregierung Spaniens unter dem Regierungspräsidenten Pedro Sánchez der sozialistischen PSOE gemacht hatte.

Ayuso fehlen nur vier Abgeordnete zur absoluten Mehrheit. Alleine ist sie stärker als die drei linken Parteien zusammen. Damit ist sie im Parlament bei ihrer erneuten Wahl ins Amt als Regionalpräsidentin nicht einmal auf die 13 Abgeordnete der rechtsextremen Vox angewiesen. Wenn diese sich in zweiter Runde enthalten, hat Ayuso die einfache Mehrheit. Vox bekam 9,1 Prozent und legte damit um 0,25 Prozent und einen Abgeordneten zu.

Die großen Verlierer der Wahlnacht sind zweifelsohne die rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger), die bisher mit Ayuso in Koalition regiert hatten. Sie blieben mit 3,6 Prozent deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde. Sie verloren 15,9 Prozent und alle ihre 26 Abgeordneten.

Mythos der Linken widerlegt

Doch nicht nur die Stimmen der Liberalen gingen an Ayuso, sondern auch ein Großteil derer, die dieses Mal, anders als 2019, an die Urnen gingen. Die Wahlbeteiligung stieg, trotz Covid-19-Pandemie von 64,3 auf 76,3 Prozent.

Der deutliche Sieg Ayusos bei hoher Beteiligung widerlegt eine der Mythen der Linken in Spaniens Hauptstadtregion. Sie erklärten im Wahlkampf immer wieder, dass eine hohe Beteiligung, vor allem im ärmeren Süden, ihnen zu Gute kommen würde.

Weit gefehlt: Die sozialistische PSOE unter Universitätsprofessor Angel Gabilondo – ein enger Vertrauter von Premier Sánchez – war bisher stärkste Kraft im Regionalparlament. Jetzt verlor sie 10,5 Prozent und landete bei 16,85 Prozent. Statt 37 haben die Sozialisten künftig nur noch 24 Abgeordnete. Damit sind sie nicht einmal mehr zweitstärkste Kraft. Denn die linksalternativ-grüne Liste Más Madrid (Mehr Madrid) unter der Ärztin Mónica García legt deutlich zu. Sie hat künftig 24 statt 20 Sitze und zieht mit den Sozialisten gleich. Doch mit 16,97 Prozent konnte García mehr Stimmen auf sich vereinen als Gabilondo. Sie ist damit überraschend Oppositionsführerin.

Und einer nahm in der Wahlnacht gar den Hut. Pablo Iglesia von Unidas Podemos, der bis vor den Madrid-Wahlen Vizeregierungspräsident unter Sánchez war, konnte zwar verhindern, dass seine Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, doch erreichte er nur klägliche 7,2 Prozent und zehn Abgeordnete. Das sind 1,6 Prozent und drei Sitze mehr als 2019. „Das heutige Ergebnis zeigt: Ich kann nicht mehr dazu beitragen, dass unsere Bewegung in den nächsten Jahren ihre institutionelle Kraft konsolidiert“, sagte er und legte alle politischen Ämter in- und außerhalb der Partei nieder.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • @PHILIPPE RESSING

    Die mangelnde Berührungsangst der PP zur Rechten ist nicht so sehr erstaunlich. Haben doch alle diese Rechten bei der PP überwintert.

    Auch grosse Teile der AfD haben erstmal bei der CDU überwintert.

    Ah, und @NOBODYS HERO: ich denke, Pablo Iglesias ist auch einer der Gründe. Kommt im Artikel auch vor.

    Der hat zwar seine Qualitäten, aber auch seine Schwächen. So eine Bewegung hat immer ein Problem, wenn sie sich zu sehr an einer starken Persönlichkeit orientiert.

    So gesehen ist es konsequent und hoch anzurechnen, dass er sich jetzt in den Hintergrund begibt.

    Wollen wir hoffen. Vielleicht verkackt Ayuso es (noch mehr, als mit ihrem Notkrankenhaus).

    • @tomás zerolo:

      Die CDU hat im Gegensatz zur Linkspartei nur relativ wenig Wähler an die AfD verloren. Frau Wagenknecht ist nicht umsonst dabei die rechten Schäfchen wieder einzusammeln.

  • Oh Mann, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet :(

    Die Erklärung, daß es ausschließlich mit Corona zu tun hat, kommt mir irgendwie ein wenig verkürzt vor. Da hätte ich mir mehr Hintergrundinfos gewünscht.

    • @Nobodys Hero:

      Naja, ist halt DAS dominante Thema seit 1,5 Jahren. Viele Leute haben die Schnauze voll. Nimm noch die Frustrierten der nie endenden Flüchtlingskrise dazu.. Wahlsieg.

  • Genau betrachtet reorganisiert sich die spanische Rechte. Einst wählte man aufgrund der endemischen Korruption nicht mehr PP, sondern deren Clon Ciudadanos. Jetzt sthet die bürgerliche Rechte wieder vereint. Iglesias ist auf der Linken mit seinem Egomanen-Trip gescheitert, Mas Madrid ist hier der Gewinner und die PSOE wurde abgestraft - als Regierungspartei nicht allzu verwunderlich. Erschreckend das Abschneiden der Neo-Falangisten der VOX. Bezeichnend, dass die PP-Chefin keinerlei Berührungsängste zu den Faschisten hat. Irgendwie scheint die Politik in Spanien erneut auf der Reloaded-Taste gelandet zu sein.

  • 0G
    04369 (Profil gelöscht)

    Yo das nenne ich doch mal eine Blaupause, für alle die Merzens und Haseloffs bei den konservativen, die keine Probleme mit der AFD haben.

  • Traurig.

    • @tomás zerolo:

      Si, das ist das traurige Ergebnis, wenn sich die Linke spaltet, anstatt gemeinsam gegen die Rechten (PP und VOX) zu mobilisieren .Übrigens: Ayusa hat wahrscheinlich noch mehr vor ... Andeutungen hat sie schon gemacht.