Wahlen in Sachsen und Thüringen: Triste Manifestation im Osten
Die Wahlen im Osten sind kein Rechtsruck. Sie zeigen mit Wucht, was längst da war. Wichtig sind jetzt die Engagierten.
J eder Dritte. Auch wenn die Prognosen es vorausgesagt hatten, muss man das Ergebnis der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen erst einmal verdauen: Ein Drittel der Menschen in Thüringen, ein knappes Drittel in Sachsen hat eine rechtsextreme Partei gewählt.
Man könnte nun einwenden: In Thüringen leben zwei Millionen Menschen, in Sachsen vier Millionen. Das ist ein Drittel der Einwohner von Nordrhein-Westfalen. Aber der reine Blick auf die Größe der beiden Länder wird der Bedeutung dieser Wahl nicht gerecht.
Natürlich sind die Erfolge der Rechtsradikalen kein rein ostdeutsches Spezifikum. Sicher lassen sich einige Prozentpunkte des AfD-Erfolgs mit dem Osten erklären – Transformationsgeschichte, Diktaturerfahrung, dazu ist viel geschrieben worden. Aber der Rechtsruck passiert global. In Frankreich haben die Rechtsradikalen nur deshalb nicht gesiegt, weil ihnen ein breites linkes Bündnis gegenüberstand, Italien wird von einer Postfaschistin regiert, in den USA spricht Trump wieder vor jubelnden Massen.
Und auch im Osten ist der Rechtsruck längst da. Die Kommunalwahlen im Frühjahr dieses Jahres haben in fast alle Stadträte und Kreistage im Osten große AfD-Fraktionen gespült. Die greifen seither von unten nach der Macht, mit ganz konkreten Folgen im Alltag.
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Eine geschwächte Linke
Die Linke hat dem derzeit in Deutschland kaum etwas entgegenzusetzen. Der einzige linke Ministerpräsident ist abgewählt – und das, obwohl Bodo Ramelow vor der Wahl der beliebteste Politiker in Thüringen war. Trotzdem wird seine Partei in Thüringen nur viertstärkste Kraft, in Sachsen kommt sie wohl nur über Direktmandate in den Landtag. Sah es Anfang des Jahres noch so aus, als sei zumindest die gesellschaftliche Linke so stark wie nie, sind die Wahlergebnisse auch für sie ein heftiger Schlag.
Was folgt also daraus?
Politisch ist nun wichtiger denn je: Die Brandmauer muss stehen. Das mag naiv klingen angesichts der vielen Beispiele, bei denen vor allem CDU und AfD gerade im Kommunalen zusammenarbeiten. Katja Wolf, die BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen, hat angekündigt, AfD-Anträgen zuzustimmen, wenn diese vernünftig seien. „Mehr Pragmatismus, weniger Ideologie“, nennt sie das. Nur geht es bei dieser Frage eben nicht um Ideologie, es geht um einen demokratischen Grundkonsens, den es zu verteidigen gilt.
Wer mit der AfD paktiert, der normalisiert sie, mit jedem Antrag ein Stückchen mehr. Mehr als 50 Prozent der CDU-Wähler*innen in Thüringen und Sachsen sagen von sich, sich haben die CDU nur gewählt, damit die AfD nicht zu viel Einfluss bekommt. Diese Wähler*innen und alle, die für eine demokratische Partei gestimmt haben, haben ein Recht darauf, dass die Demokrat*innen den Faschist*innen nicht zu (mehr) Macht verhelfen.
Rückenwind für Zivilgesellschaft
Und zweitens brauchen jetzt vor allem jene Rückenwind, die für eine demokratische, plurale, friedliche und offene Gesellschaft in Thüringen und Sachsen kämpfen. Die taz hat in den vergangenen Monaten ganz besonders die ostdeutsche Zivilgesellschaft beleuchtet. In Erfurt und Chemnitz haben wir Kongresse mit den Engagierten aus den Bundesländern veranstaltet, die Panter Foren. In Cottbus machen wir das in knapp zwei Wochen. Mit dabei sind Menschen, die gegen Rechtsextremismus kämpfen, die auf demokratischen Demos Pizza backen oder dort mit Musik für gute Stimmung sorgen. Leute, die mit Jugendlichen im ländlichen Raum arbeiten, die sich um Geflüchtete kümmern, die in der sächsischen Provinz einen CSD organisieren, Omas gegen Rechts.
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Was wir von diesen Leuten gelernt haben, ist: Ja, die AfD ist stark im Osten, aber sie ist nicht unwidersprochen. Die, die sich ihr entgegenstellen, brauchen jetzt viel: Sie brauchen Geld – Spenden von Privatpersonen, von NGOs, von Stiftungen. Sie brauchen ein Demokratiefördergesetz, was ihnen Finanzierungssicherheit gibt. Sie brauchen den Schutz einer demokratischen Polizei und das Rückgrat von demokratischen Politiker*innen, die ihr Überleben sichern. Das zu fordern, ist nicht hilflos, sondern alternativlos.
Was wir von den Aktiven in Sachsen und Thüringen auch gelernt haben, ist: Die politische Situation, die hohe Zustimmung zur AfD mögen frustrierend sein. Ein Grund aufzugeben sind sie nicht.
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