Wahlen in Österreich: Haider-Bonus zieht nicht mehr
Bei den Wahlen am Sonntag in Kärnten drohen die Rechtpopulisten die Mehrheit zu verlieren. Zahlreiche Korruptionsaffären haben sie diskreditiert.
WIEN taz | An Skurrilitäten fehlt es in Kärntens Wahlkampf nicht. Bevor die Freiheitlichen am Sonntag voraussichtlich Mehrheit und Macht in Österreichs südlichstem Bundesland verlieren, ziehen sie noch einmal alle Register.
Peter Kaiser, Chef der Kärntner SPÖ und erster Anwärter auf den Posten des Landeshauptmanns, wurde kürzlich von den Leuten der noch regierenden FPK zwangsgeoutet: Der Mann besitze keinen Kärntner Anzug. Das riecht nach Hochverrat.
Wenn er trotzdem die Umfragen anführt, dann wohl deshalb, weil so viele Korruptionsskandale breitgetreten wurden, dass selbst abgebrühte Haider-Fans sich mit Grausen abwenden.
FPK (Freiheitliche in Kärnten) nennt sich der regionale Ableger der rechten FPÖ. Uwe Scheuch trat letztes Jahr als Parteichef zurück, nachdem er zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Er hatte einem potenziellen russischen Investor in Aussicht gestellt, ihm die Staatsbürgerschaft zu verschaffen, wenn er für die Partei etwas springen lasse.
Den Parteivorsitz übergab er an seinen Bruder Kurt Scheuch, der Uwes Richter als „Kröte“ beleidigt hatte und einer Verurteilung wohl nur dank einer außergerichtlichen Einigung entging. Weitere Prozesse kommen auf Uwe Scheuch und Finanzlandesrat Harald Dobernig wegen des skandalösen Verkaufs der bankrotten Hypo Alpe Adria an die Bayern LB zu.
Täglich Blumen für Haider
Weil der Wahlkampf in erster Linie um das Thema Korruption und Sauberkeit kreist, rechnen die Grünen mit einem guten Ergebnis. Ihr Chef, der gelernte Kabarettist Rolf Holub, hat mit zäher Beharrlichkeit die gerichtliche Aufarbeitung der Skandale betrieben.
Zuletzt hatten die Grünen mit 5,1 Prozent den Einzug in den Landtag knapp geschafft. Jetzt könnten sie 12 Prozent einfahren. Holub rechnet gar mit einer Anti-FPK-Koalition von SPÖ, Grünen und ÖVP.
Doch werden die Freiheitlichen auf alle Fälle in der Regierung vertreten sein, denn die Landesverfassung schreibt eine Proporzregierung vor, in der die Sitze gemäß Wahlergebnis zugeteilt werden.
2009, nachdem sich Jörg Haider mit 160 Sachen in den Tod katapultiert hatte, gewannen seine Nachfolger (damals BZÖ) die Landtagswahl mit sensationellen 45 Prozent. An der Unfallstelle, wenige Kilometer südlich der Landeshauptstadt Klagenfurt, werden noch heute täglich Blumen, Kerzen und Grußbotschaften deponiert.
Brief an den Mentor im Jenseits
Kurt Scheuch setzt daher erneut auf den Haider-Erinnerungsbonus. In einem offenen Brief an den Mentor im Jenseits erinnert er sich: „Wir haben von einem freien Land geträumt! Von freien Menschen, die ohne Druck und ohne Zwang von Parteien leben.“ Zum Schluss packt er den Wahlslogan von 2009 wieder aus: „Wir passen auf Dein Kärnten auf, mein Freund.“
Dass Haider das Landesvermögen wie seine Privatschatulle handhabte und mit seiner Brot-und-Spiele-Politik die höchste Pro-Kopf-Verschuldung eines Bundeslandes erwirtschaftete, wollen viele Verehrer immer noch nicht wahrhaben.
Wie ein gütiger Landesfürst hatte er persönlich Heizkostenzuschüsse für Rentner ausgezahlt und fehlte auf keiner Veranstaltung. Deswegen erinnert sich fast jede Kärntnerin und jeder Kärntner an eine persönliche Begegnung.
Dass er Asylwerber auf die entlegene Saualm verbannte, wo sie von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht wurden, war bei seinen Wählern ebenso populär wie die Verhinderung zweisprachiger Ortstafeln in Gemeinden mit hohem slowenischem Bevölkerungsanteil.
Die Saualm wurde vor einigen Wochen vom Innenministerium geschlossen, die Ortstafelfrage vor zwei Jahren im Konsens gelöst. Daher fehlen die Schenkelklopferthemen, mit denen die Freiheitlichen ihre Klientel aufputschen.
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