Wahlen in Frankreich: Wenn zwei sich streiten
Bei der Stichwahl in Frankreich haben sich die Macronisten mit der Brandmauer gegen den Rassemblement National schwergetan. Das hat Folgen im Parlament.
Das linke Bündnis „Nouveau Front Populaire“ (NFP), auf Deutsch „Neue Volksfront“, hatte direkt angekündigt, überall dort seine Kandidat*innen zurückzuziehen, wo sie sich als Drittplatzierte in einer solchen Dreieckswahl befanden. So wollte man sichergehen, dass in dem betreffenden Wahlkreis alle verbleibenden Stimmen gegen den rechtsextremen Rassemblement National gingen, statt sich zwischen links und Mitte aufzusplitten.
Es gab also einen kollektiven Rückzug und eine Wahlempfehlung für die Macronisten überall dort, wo Linke drittplatziert waren – trotz aller Feindschaft zur Partei des Präsidenten.
Umgekehrt druckste die Partei von Macron, Ensemble!, erst herum, fand keine klaren Worte für jene Wahlkreise, in denen sie selbst drittplatziert war und wo sie sich hinter das zweitplatzierte Linksbündnis hätte stellen müssen. Ex-Premierminister Édouard Philippe warnte vor „beiden Extremen“ und sagte, er wolle weder dem NFP noch dem RN seine Stimme geben. Eine Gleichsetzung, die für Empörung sorgte.
Empfohlener externer Inhalt
Hachdünn, aber verloren
Aus Machtkalkül zogen dann auch nicht alle Kandidat*innen der Macron-Partei Ensemble! ihre Kandidatur dort zurück, wo sie als Drittplatzierte standen. In mindestens zwei Wahlkreisen hat das den Rechtsextremen in die Hände gespielt: Im ersten Wahlkreis von Val d’Oise setzte sich die Rechtsextreme Anne Sicard mit 37,51 Prozent hauchdünn gegen den linken Kandidaten Maximilien Jules-Arthur durch, der 36,63 Prozent erhielt.
Die Macronistin Émilie Chandler erhielt hier 25,8 Prozent – Stimmen, die im Falle ihres Rückzugs wohl zumindest zu großen Teilen an den Linken gegangen wären und einen Parlamentssitz der Rechtsextremen verhindert hätten.
Dasselbe ist in der 14. Circonscription von Bouches-du-Rhône passiert, wo der Rechtsextreme Gérault Verny sich mit 37,26 Prozent knapp gegen den Sozialisten Jean-David Ciot (36 Prozent) durchsetzte und somit einen Sitz im Parlament gewann. Zu diesem Kopf-an-Kopf-Rennen kam es nur, weil die Macronistin Anne-Laurence Petel nicht aus dem Rennen gehen wollte und als Schlusslicht 26,71 Prozent auf sich vereinte.
Profitiert von der Rückzugstaktik haben hingegen einige von den zwei Dutzend Regierungsmitgliedern, die sich zur Wiederwahl stellen mussten. Innenminister Gérald Darmanin etwa gewann seinen Wahlkreis, nachdem sich die NFP-Kandidatin zurückgezogen hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“