Wahlen in El Salvador: Sicherheit vor Demokratie
Der deutliche Wahlsieg Bukeles gibt seinem harten Kurs gegen die Kriminalität recht. Für die Demokratie in der Region ist das keine gute Nachricht.
A lle Vorhersagen sollten recht behalten: El Salvadors Präsident Nayib Bukele wurde mit einer immensen Mehrheit der Stimmen wiedergewählt. Nicht trotz der fürchterlichen Bilder von gedemütigten jungen Männern in den Knästen, sondern weil die Kriminellen unter gnadenlosen Bedingungen hinter Gittern sitzen, gaben die Wähler*innen ihm seine Stimmen. Und nicht trotz des bald zweijährigen Ausnahmezustands, sondern wegen seines entschlossenen Vorgehens gegen die Mara-Banden konnte der Staatschef so deutlich gewinnen. Rechtsstaat hin oder her.
Das ist erschreckend und verständlich zugleich. Wer würde Menschen vorwerfen, dass sie glücklich darüber sind, ohne ständige Überfälle und Schutzgeldzahlungen leben zu können und nicht mehr ständig fürchten zu müssen, dass sich ihre Söhne den Maras anschließen oder von diesen ermordet werden. Diesen Leuten vorzuhalten, das repressive Vorgehen löse das Problem perspektivisch nicht, ist so richtig wie wohlfeil und wird die meisten nicht überzeugen.
Ob Bukele selbst mit Kriminellen kooperiert, massiv Menschenrechte verletzt und die Verfassung bricht, interessiert sie nicht. Genau darin liegt aber auch das Erschreckende: Die Dominanz kriminellen Terrors hat in einigen Regionen Lateinamerikas Verhältnisse geschaffen, in denen den Menschen Sicherheit wesentlich wichtiger ist als Demokratie. Schon jetzt macht das Vorgehen des salvadorianischen Präsidenten Schule.
Die linke Regierung des ebenfalls von Mara-Gewalt geprägten Honduras übernimmt seine Maßnahmen, in Ecuador lässt Staatschef Noboa angesichts des zugespitzten Mafiakriegs ein Hochsicherheitsgefängnis nach dem „Modell Bukele“ bauen. Auch in Mexiko ist es angesichts der Unfähigkeit der Regierung nur eine Frage der Zeit, bis die Leidtragenden einfache Lösungen gegen die organisierte Kriminalität suchen. Wer sie bietet, gewinnt, ganz egal wie nachhaltig sie sind. Bukele, so ist zu befürchten, hat nur den Anfang gemacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!