Wahlen in Belarus: Jedes Menschenleben zählt
Machthaber Lukaschenko hat sich in Belarus erwartungsgemäß zum Wahlsieger erklärt. Der Westen sollte sich nun darauf konzentrieren, politische Gefangene freizubekommen.
E s ist überraschend, dass der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko bei der sogenannten Präsidentenwahl am Sonntag nicht 101 Prozent der Stimmen bekommen hat. Nun sind es doch „nur“ knapp 87 Prozent geworden – auch nicht schlecht, um die siebte Amtszeit einzuleiten.
Dabei ist das Spektakel, das da in der ehemaligen Sowjetrepublik über die Bühne ging, an Perfidie und Zynismus kaum noch zu überbieten. Die vier Mitbewerber*innen waren Witzfiguren, die dem Regime treu ergeben sind. Massive Repressionen im Vorfeld der Wahlfarce gegen potenzielle „Unruhestifter*innen“ sollten Lukaschenko-Kritiker*innen präventiv den Schneid abkaufen, in Massen auf die Straßen zu gehen, wie noch im Sommer und Herbst 2020.
Keine Frage, auch Lukschenko ist offensichtlich lernfähig. Dazu passt dann auch, dass Belarusss*innen im Ausland mangels Wahllokalen nicht abstimmen konnten und ernstzunehmende internationale Wahlbeobachter*innen nicht anwesend waren, aber was soll`s: Schwamm drüber.
Dass niemand Lukaschenko diese Wahlergebnisse abkauft, ist eine Sache. Eine andere ist seine Botschaft „Ihr könnt mich mal,“ die den Westen adressiert. Ach ja, wirklich? Lukaschenko, fest im Würgegriff Russlands, weiß nur zu gut, dass ihm unruhige Zeiten bevorstehen könnten.
Den Dialog mit Minsk suchen
Sollte es zu wie auch immer gearteten Friedensverhandlungen kommen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, hätte das auch direkte Auswirkungen auf Belarus – vor allem wirtschaftliche. Deshalb gilt es, sich zur Abwechslung mal wieder beim Westen anzubiedern.
Ein probates Mittel des Regimes dafür sind politische Gefangene, derzeit rund 1200 an der Zahl. Angesichts der menschenverachtenden Zustände in belarussischen Strafanstalten sollten die westlichen Staaten jetzt ihre Anstrengungen vor allem darauf richten, Menschen aus der Haft frei zu bekommen und den Dialog mit Minsk suchen. Denn es geht um nichts Geringeres als die Rettung von Menschenleben. Und da zählt jedes einzelne.
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