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Wahl in ÖsterreichDer Präsident heißt Van der Bellen

Nach einer Zitterpartie steht das vorläufige Ergebnis fest: Alexander Van der Bellen hat die Wahl mit 50,3 Prozent gewonnen. Rechtspopulist Norbert Hofer unterlag.

Lange gezittert, knapp gewonnen: Alexander Van der Bellen Foto: dpa

WIEN ap | Alexander Van der Bellen wird neuer Bundespräsident Österreichs. Nach Auszählung aller Briefwahlstimmen kam der von den Grünen unterstützte Kandidat auf 50,3 Prozent, Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ auf 49,7 Prozent, wie Innenminister Wolfgang Sobotka am Montag bekanntgab. Hofer, der im ersten Wahlgang vor vier Wochen noch klar vorn lag, gestand seine Niederlage ein.

Vorausgegangen war eine Zitterpartie für beide Kandidaten. Das Ergebnis war zu knapp gewesen, um schon am Sonntag einen Sieger zu küren. Nach Auszählung der rund 4,48 Millionen direkt abgegebenen Stimmen hatte Hofer am Wahlabend zwar mit 51,9 Prozent vor Van der Bellen gelegen, der auf 48,1 Prozent kam. Doch weil 700.000 Österreicher – so viele wie nie zuvor – per Briefwahl abgestimmt hatten, musste auf deren Auszählung gewartet werden.

Prognosen hatten Van der Bellen inklusive dieser Wahlstimmen einen hauchdünnen Vorsprung prophezeit. Am Ende lag er dann tatsächlich mit rund 31.000 Stimmen vorn, wie Innenminister Sobotka sagte.

Damit stellt erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs keine der beiden traditionellen Großparteien, die auch die aktuelle Regierung bilden, den Bundespräsidenten. Die Bewerber von SPÖ und ÖVP waren in der ersten Wahlrunde vor vier Wochen ausgeschieden.

Unzufrieden mit der Regierung

Politische Beobachter hatten das Ergebnis als klares Signal der Unzufriedenheit über die Arbeit der Regierung gewertet. Kanzler Werner Faymann trat in der Folge zurück, sein Amt übernahm der ehemalige Bahn-Chef Christian Kern und versprach einen Neuanfang der Regierung.

Die Stichwahl um das Bundespräsidentenamt machte allerdings deutlich, dass die Österreicher diametral entgegengesetzte Vorstellungen haben, in welche Richtung dieser Neuanfang gehen soll. Der 72-jährige ehemalige Grünen-Chef Van der Bellen präsentierte sich als Proeuropäer mit liberalen Ansichten in der Flüchtlingsfrage, während der 45-jährige Hofer sich mit antimuslimischen Äußerungen profilierte.

Auf Facebook sprach Hofer seinen Wählern am Montag Mut zu. „Der Einsatz für diesen Wahlkampf ist nicht verloren, sondern eine Investition in die Zukunft“, hieß es auf seiner offiziellen Seite.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 17.06 Uhr.

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7 Kommentare

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  • Die Quintessenz

     

    Die Arbeiterschaft wählt die Rechten und hält sich nicht daran, was die linken und die intelektuelle Schicht der Arbeiterschaft empfehlen.

     

    Die Kuh muss vom Eis!

  • Ich weiss nicht, ob es van der Bellen gelingt, in der vor ihm liegenden Amtszeit die Haltung der Hofer-Anhänger zu liberalisieren. Er wird wohl eine Antwort auf die Frage finden müssen, wie ihnen die Angst vor Flüchtlingen und Überfremdung genommen werden kann und ihnen zu zeigen, dass man Heimat lieben und dennoch offen für die Bereicherung durch neu Hinzugekommene sein kann.

     

    In jedem Fall kann Hofer und seine FPÖ bis zu den nächsten Wahlen nun in der Opposition weiter ungestört unbewiesene Thesen und Behauptungen in die österreichische Welt setzen, ohne sie kritisch hinterfragen lassen zu müssen.

     

    Ich wünsche Dr. van der Bellen eine erfolgreiche Amtszeit und eine gute und ruhige Hand in der Lösung der vor ihm liegenden Probleme durch ein ideologisch so weit auseinander liegendes Volk.

  • Der Faschismus ist in Europa "ante portas". Der Leser Tom Farmer hat Recht. Die Menschrechte und die Religiosfreiheit werden wir nur gemeinsam verteidigen können. Jedoch: Heute ist Österreich glücklich! - Mit einem "blauen Auge"...

  • Die Politik der etablierten "Mitte-Parteien" werden zukünftig von einem Grünen legitimiert.

     

    Da staunt der Betrachter und Merkel und Co. fällt ein Stein vom Herzen. Wie peinlich!

     

    Man wird aufpassen müssen, dass zukünftig Länder nur noch regiert werden können wenn sich alle zwischen links und rechts zusammenschließen und dann hoffentlich 50 % + x erzielen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Ziemlich fragile Situation, wenn Rechtspopulismus und Linksgrün sich gerade so die Waage halten.

       

      Die ehemaligen Ösi-Volksparteien sollten nicht länger warten und so langsam Ideen entwickeln, wie aus dem Tief rauszukommen ist.

      Und nicht nur die...

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Europa hat Glück gehabt...

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Gewagte Aussage, aber im Bezug auf Österreich: ja, da kann ich zustimmen. ;)