Wahl in Israel: Ohne echte Option
Gantz oder Netanjahu? Eine wirkliche politische Alternative müsste für arabische Israelis offen sein.
N och sind die endgültigen Ergebnisse der Parlamentswahl in Israel nicht bekannt gegeben, doch die Hochrechnungen sagen für den Likud einen Zugewinn an Sitzen voraus. Das Ergebnis ist ein weiterer Schlag ins Gesicht von Israelis, die noch an liberale und demokratische Werte glauben. Israel ist nicht das einzige Land, dem in den letzten Jahren unter dem Einfluss von populistischen Anführern vermeintliche Selbstverständlichkeiten entglitten sind.
Als wäre es das Normalste der Welt, ist der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nicht etwa mit dem Streben nach Frieden auf Stimmenfang gegangen, sondern mit der Annexion des Jordantals und der Siedlungen im Westjordanland. Mit Unterstützung aus der Bevölkerung hetzen Netanjahu und andere seines rechten Blocks offen gegen Araber*innen und bedienen damit offensichtlich Sentiments der israelischen Mehrheit.
Und dass der wegen Korruption angeklagte Netanjahu Gesetze zu seinen Gunsten zu verändern sucht, scheint einen Großteil der Wähler*innen wenig zu stören. Ebensowenig wie die Tatsache, dass er politische Entscheidungen von großer Tragweite, wie etwa die Ernennung von Naftali Bennett zum Verteidigungsminister, aus Kalkül trifft: um zu verhindern, dass Bennett zum Bündnis Blau-Weiß von Benny Gantz überläuft, so eine Blau-Weiß Regierung ermöglicht und damit Netanjahu einen Schritt näher in Richtung Gefängnis bringt.
Blau-Weiß hat in diesen Wahlen das schlechteste Ergebnis in seiner jungen Geschichte eingefahren. Das Problem dieses Parteienbündnisses dürfte sein, dass Blau-Weiß keine politische Alternative ist. Gantz hat in den medienwirksamen Themen der letzten Wochen und Monate die gleichen Ankündigungen gemacht wie Netanjahu, hat die Annexion des Jordantals genauso wie die Umsetzung von Trumps Friedensplan im Fall eines Wahlsiegs angekündigt. Was Blau-Weiß bietet, ist lediglich eine persönliche Alternative: Netanjahu oder Gantz. Ein korrupter Ministerpräsident oder ein nichtkorrupter. Gantz hat versucht, den amtierenden Ministerpräsidenten im persönlichen Duell zu schlagen, und ist gescheitert, denn der Populist Netanjahu beherrscht seine Waffen wie kaum ein anderer: Fake News, Aufwiegelung, Spaltung.
Vieles in dieser Schlammschlacht ging gegen die Araber*innen. Doch die sind wählen gegangen und haben den Einfluss der Vereinigten Liste in der Knesset gegenüber den Wahlen im September noch um einige Sitze vergrößert. Damit ist die Vereinigte Liste erneut drittstärkste Fraktion im Parlament. Netanjahu hatte im Wahlkampf damit gedroht, dass Gantz die Vereinigte Liste, die sich hauptsächlich aus palästinensischen Israelis zusammensetzt, zur Regierungsbildung brauche. Gantz reagierte, indem er sagte, dass er auf keinen Fall mit der Joint List in einer Regierung sitzen wird. Eine wirkliche politische Alternative sieht anders aus.
Sie muss die Möglichkeit einer Beteiligung der Vereinigten Liste als selbstverständlich sehen, nicht ihren Ausschluss. Sie muss erkennen, dass der Kampf um soziale Gleichheit, gegen Korruption und für Rechtsstaatlichkeit nur in jüdisch-arabischer Kooperation stattfinden kann. Eine wirkliche politische Alternative muss wieder Wörter wie Frieden und Zusammenleben benutzen, und zwar nicht als Fremdwörter.
Dieser Kommentar wurde aktualisiert um 16.50 Uhr.
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