Wahl in Frankfurt: Keine grüne OB in Frankfurt

Bei der Oberbürgermeisterwahl kommt es zur Stichwahl zwischen CDU und SPD. Entscheidend sein werden die WählerInnen der Grünen.

Uwe Becker und Mike Josef zusammen im Frankfurter Römer

Uwe Becker (CDU, l.) und Mike Josef (SPD) gehen für die OB-Wahl in Frankfurt in die Stichwahl am 26. März Foto: Boris Roessler/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Als OB-Kandidat Mike Josef am Sonntag kurz vor 20 Uhr den Frankfurter Römer betritt, begrüßen ihn seine SPD-GenossInnen schon an der Pforte begeistert. Seinen Weg nach oben, über die Marmortreppe auf die „OB-Ebene“ im ersten Stock des Rathauses, begleiten sie mit rhythmischem Klatschen.

Nach der ersten Runde der Frankfurter OB-Direktwahl liegt Josef mit 24 Prozent zwar nur knapp auf Platz zwei, vor der drittplatzierten grünen Mitbewerberin Manuela Rottmann (21,3 Prozent). Doch Josef hat die Stichwahl erreicht. Ein Erfolg, auch wenn er nur zweiter Sieger hinter dem CDU-Favoriten, Ex-Kämmerer und Europastaatssekretär Uwe Becker (34,5 Prozent) ist. Der Unionsmann, der sich im Wahlkampf mit Attacken gegen die grüne „autofeindliche“ Verkehrspolitik profiliert hat, liegt nach der ersten Runde klar vorn. Der sozialdemokratische Baustadtrat rechnet sich gleichwohl gute Chancen aus, in drei Wochen in das Büro auf der OB-Ebene umzuziehen.

Im zweiten Durchgang am 26. März kommt es auf die 40.000 WählerInnen an, die am Sonntag der Kandidatin der Grünen ihre Stimme gegeben haben. Als stärkste Fraktion im Stadtparlament regieren die Grünen Frankfurt in einem Reformbündnis zusammen mit SPD, FDP und VOLT, gegen die CDU als größte Oppositionspartei. „Josef ist trotz Platz 2 nun der Favorit“, titelt am Montag denn auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die nicht im Verdacht allzu großer Nähe zur SPD steht.

Fast zwei Stunden bangen

Fast zwei Stunden lang hatten die GenossInnen zuvor bangen müssen. Gebannt verfolgten sie die Ergebnisse der Auszählung, die das Wahlamt auf großen Bildschirmen laufend aktualisierte. Josefs anfänglicher Vorsprung vor der grünen Mitbewerberin Rottmann schrumpfte im Lauf des Abends zusammen, auf zuletzt nur noch 3,7 Prozentpunkte. Auch in den eigenen Reihen hatte es bis zuletzt Zweifel gegeben, ob es Josef wirklich in die Stichwahl schaffen würde.

Schließlich ist die unrühmliche Abwahl seines Genossen und langjährigen politischen Weggefährten Peter Feldmann, inzwischen parteilos, gerade mal ein halbes Jahr her. In einem engagierten Straßenwahlkampf, mit Hausbesuchen und unendlich vielen öffentlichen Auftritten, konnte Josef offenbar die Querelen um den gescheiterten Feldmann bei vielen WählerInnen vergessen machen.

Er werde ein neues Kapitel der Frankfurter Stadtpolitik aufschlagen, kündigt Josef am Abend seines Erfolgs an, den er nur als „Zwischenschritt“ ansieht. In den drei Wochen bis zur Stichwahl werde er alles geben und für seine Themen kämpfen. „Damit die Stadt bezahlbar bleibt und bezahlbar wird, dass wir eine Stadt bekommen, die Schulen vernünftig saniert und neue Schulen baut: Bildungschancen dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen“, sagt der 40-Jährige, der vor 35 Jahren als Kind syrischer Christen als Flüchtling nach Frankfurt kam.

Die grüne Kandidatin, die Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann, die für den OB-Wahlkampf in Frankfurt sogar ihr Amt als parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium aufgegeben hatte, zeigt sich im Römer erst lange nach den erfolgreicheren Konkurrenten. Bis zuletzt hatten die Grünen gehofft, dass sie es in den zweiten Wahlgang schaffen würde.

Sie sei nicht enttäuscht, versichert Rottmann und erklärt ihre Niederlage mit dem „Bekanntheitsvorsprung“ der Konkurrenz. Die Zeit des Wahlkampfs habe nicht gereicht, um diesen Vorsprung aufzuholen. Ihre ParteifreundInnen trösten sie, noch nie habe eine grüne Kandidatin bei einer OB-Wahl in Frankfurt so viele Stimmen erhalten wie sie. Am Montagabend wollen die Grünen intern beraten, wie es nun weitergeht.

Eine Person aus der ersten Reihe der Grünen, die ihren Namen nicht in der taz lesen will, sagt, dass er den Gremien nicht vorgreifen wolle, aber zum Koalitionsvertrag stehe, den es in Frankfurt zwischen SPD, FDP und VOLT gebe. „Legt man das Wahlprogramm des CDU-Kandidaten daneben, gibt es da nicht viele Schnittmengen“, räumt er noch ein und erinnert lachend daran, dass seine Partei mit Wahlempfehlungen für andere keine guten Erfahrungen gemacht habe.

2012 triumphierte Feldmann

Damit spielt der Grünen-Politiker auf die OB-Wahl 2012 an. Vor elf Jahren war mit dem damaligen Innenminister Boris Rhein ein CDU-Bewerber angetreten, der sich zunächst in der Frankfurter Stadtregierung und später als Landespolitiker in grün-schwarzen Bündnissen profiliert hatte. Mit 39,1 Prozent lag er im ersten Wahlgang deutlich vor dem damals weitgehend unbekannten Sozialdemokarten Peter Feldmann, der gerade mal 33 Prozent erreicht hatte. Mehr oder weniger deutlich plädierten führende Grüne des damals regierenden Römerbündnis für Rhein als einem Garanten schwarz-grüner Koalitionen. Doch am Ende triumphierte Feldmann. Grünen-Wähler hatten in großer Zahl die Empfehlung der Parteigranden im Römer ignoriert.

Der damals unterlegene Boris Rhein ist inzwischen hessischer Ministerpräsident und will im Oktober als Chef einer schwarz-grünen Landesregierung wiedergewählt werden. In Nieder-Eschbach hat er am Morgen selbst als Frankfurter Bürger seine Stimme Uwe Becker gegeben. „Er würde der Stadt guttun“, sagt Rhein der taz am Abend im Römer. Im ersten Wahlgang habe er selbst ja lediglich 6 Prozentpunkte vor Feldmann gelegen, rechnet Rhein vor; Becker gehe mit mehr als 10 Prozentpunkten mit deutlicherem Abstand in die Stichwahl. „Das ist zu schaffen“, macht Rhein dem Parteifreund Mut.

Ein Erfolg der So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen in seiner Heimatstadt wären für den Ministerpräsidenten ein Fehlstart im Dreikampf um die hessische Staatskanzlei bei der Landtagswahl am 8. Oktober. Ganz anders rechnet mit denselben Zahlen SPD-Generalsekretär Christoph Degen, der den Wahlkampf für Rheins SPD-Konkurrentin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, organisiert. Er erlebe den Abend im Römer als Déjà-vu, sagt er der taz. 2021 habe der CDU-Mann Rhein im ersten Wahlgang mit fast 40 Prozent vorn gelegen. In der Stichwahl habe ihn Feldmann trotzdem klar geschlagen: „Es ist alles drin“, so Degen.

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