Umstrittener OB von Frankfurt: Feldmann muss seinen Stuhl räumen

Die FrankfurterInnen haben ihren Oberbürgermeister abgewählt. Nun geht es um die Nachfolge. Einer hat bereits seine Kandidatur verkündet.

OB Peter Feldmann wirkt geknickt

Stand nicht nur wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck: Frankfurts OB Feldmann muss gehen Foto: dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Mit einer klaren Mehrheit von 95 Prozent der abgegebenen Stimmen haben die FrankfurterInnen ihren Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD, abgewählt. Bei einer Wahlbeteiligung von 41,9 Prozent wurde das gesetzliche Quorum von mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten gleichwohl erreicht. Noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren, räumte Feldmann seine Niederlage ein.

„Jetzt gilt es, sich wieder auf die sozialen Themen dieser Stadt zu konzentrieren, ein Stück wegzukommen von den personenbezogenen“, sagte er. „Das Ziel einer sozialen Stadt ist noch nicht erreicht, ich bin mir aber sicher, dass viele Menschen weiter in diese Richtung diskutieren werden.“ Feldmann wirkte gezeichnet von dem Ergebnis und vermutlich auch von einer gerade überstandenen Corona-Erkrankung. Mit der Feststellung des amtlichen Ergebnisses der Abstimmung endet am kommenden Freitag Feldmanns Amtszeit als OB.

Der SPD-Politiker, der dem linken Flügel seiner Partei zugerechnet wird, war 2012 überraschend zum Stadtoberhaupt gewählt und 2018 in seinem Amt bestätigt worden. Seine reguläre Amtszeit wäre erst 2024 abgelaufen. Im Juli hatte ihm eine Zweidrittelmehrheit der Stadtverordnetenversammlung das Vertrauen entzogen. Die Abwahl bedurfte nach der hessischen Gemeindeordnung der Bestätigung durch die BürgerInnen. Zur Abwahl hatten fünf Parteien aufgerufen, darunter neben der oppositionellen CDU auch die im Römer regierende Koalition aus Grünen, FDP und Volt einschließlich Feldmanns eigener Partei, der SPD.

Grund für die Abwahl war vor allem der Verdacht der Korruption. Der OB muss sich vor dem Frankfurter Landgericht wegen des Vorwurfs der Vorteilsnahme im Amt im Zusammenhang mit dem AWO-Skandal verantworten. Mit sexistischen Sprüchen im Cockpit auf dem Weg zum Europapokalendspiel der Frankfurter Eintracht, mit einem freudetrunkenen Übergriff auf den gewonnenen Pokal im Römer geriet er ins Abseits. Schließlich verspielte er mit seinem verstörenden Bekenntnis vor Gericht viele Sympathien, er habe seine damalige Freundin und Noch-Ehefrau zur Abtreibung gedrängt.

„Pattex-Peter“

Feldmann war nach ersten Berichten über den Skandal um die Frankfurter und Wiesbadener AWO unter Druck geraten. Laut Anklage hat er persönlich dem Sozialverband in der Stadtverwaltung Vorteile als Gegenleistung für die Einstellung seiner Frau als Kitaleiterin mit überhöhtem Gehalt und Dienstwagen gewährt. Mit eigenen Fehlleistungen hatte er die Abwahlkampagne indirekt befördert, zu der sich die fünf wichtigsten Parteien der Stadt zusammengeschlossen hatten. Allerdings beteiligten sich auch Redaktionen und Verlage an der Stimmungsmache gegen den ungeliebten Oberbürgermeister.

Bild Frankfurt nannte ihn durchgehend „Pattex-Peter“ und „Skandal-OB“. Die FAZ trieb vor allem die Sorge um, dass Feldmanns Abwahl am Quorum scheitern könnte. Frankfurter Rundschau und Frankfurter Neue Presse relativierten zuletzt immerhin: „Frankfurt hat größere Probleme, gerade in dieser Zeit, in der die in dieser Stadt immer schon ausgeprägte Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergeht“, so die beiden Zeitungen am Wochenende.

Im Anzeigenteil aller drei Tageszeitungen konnte die CDU indes noch einmal fordern: „Geben wir unserer Stadt die Würde zurück! OB Feldmann abwählen!“ Der gemeinsame Vermarkter der drei Frankfurter Tageszeitungen gab dafür fast 90 Prozent Rabatt auf die Listenpreise. Selbst ein Privatmann erhielt von den Verlagen einen Nachlass für eine Anzeigenkampagne. Die LeserInnen erfuhren weder von den Rabatten noch von der Tatsache, dass ein Großinvestor der Immobilienwirtschaft die Anzeigen finanziert hatte.

Bis zur im März fälligen Neuwahl des Stadtoberhaupts übernimmt nun Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg die Amtsgeschäfte. Nun seien alle aufgerufen, mit einem Neuanfang verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Die regierende Römerkoalition von Grünen, SPD, FDP und Volt funktioniere, sagte sie und versicherte: „Frankfurt wird gut regiert.“ Die Grüne ließ aber offen, ob sie selbst als mögliche Kandidatin ihrer Partei für Feldmanns Nachfolge antritt. Frankfurts SPD-Chef, Baustadtrat Mike Josef, zeigte sich erleichtert über das klare Ergebnis der Abstimmung.

Ruf Frankfurts retten, Suche nach NachfolgerIn

Nach einem emotionalen Kampf um die Abwahl gelte es jetzt, den Ruf der Stadt wiederherzustellen. Die SPD werde weiter die sozialpolitischen Themen in den Mittelpunkt stellen, für die Feldmann zweimal gewählt worden sei. Seine Partei habe ihn im Sommer mit klarer Mehrheit zum Rücktritt aufgefordert, „weil er für die Stadt nicht mehr der beste ist“. Während die grüne Bürgermeisterin und der SPD-Chef Fragen nach einer OB-Kandidatur nicht beantworteten, meldete der CDU-Kreisvorsitzende Uwe Becker seine Bewerbung unmittelbar nach der Abstimmung an.

Er sprach von einem guten Tag für Frankfurt. Becker gehört als Staatssekretär der schwarz-grünen Landesregierung in Wiesbaden an. Er war bis zu seiner Abwahl nach der Kommunalwahl im vergangenen Jahr Bürgermeister und Kämmerer.

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