Wagner-Aufstand in Russland: „Putin ist verwundbar“
Nach dem Wagner-Aufstand in Russland fordert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, mehr Einsatz der Nato-Staaten in der Ukraine.
taz: Herr Roth, welche Bedeutung hat der Aufstand der Wagner-Gruppe für den russischen Präsidenten Putin?
Michael Roth: Eine immense. Putins Stärke besteht vor allem darin, allumfassend herrschen und bestimmen zu können. Dieser absolutistische Anspruch ist in den vergangenen Tagen massiv ins Wanken geraten. Man hat ihm vor der Weltöffentlichkeit und vor der russischen Öffentlichkeit Schranken und Grenzen aufgezeigt. Putin hat den Menschen in seinem Land versprochen – bei allen Problemen, die Russland hat – Sicherheit und Ordnung zu garantieren. Auch dieses Versprechen ist brüchig geworden. Denn die Russinnen und Russen haben gesehen, dass Stabilität im eigenen Land keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Der 51-jährige SPD-Politiker ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Von 2013 bis 2021 war er Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt. Seit 1998 ist er Mitglied des Bundestages.
Würden Sie sogar von einem Gesichtsverlust Putins sprechen?
Es ist ein dramatischer Gesichtsverlust. Der absolutistische Herrscher hat seine Schwächen gezeigt. Er hat erst schwerste Konsequenzen für Prigoschin angekündigt, die er dann wieder zurückziehen musste. Und die Lage hat gezeigt: Wenn Putin sich massiv unter Druck sieht, ist er zu Verhandlungen bereit.
Hat Sie diese Wendung überrascht?
Ja, wie viele andere auch. Mir schien, Prigoschin hatte Narrenfreiheit, die ihm Provokationen und Beschimpfungen der Machtelite erlaubt. Über dieses Recht verfügt niemand in dieser Diktatur – wer das wagt, kommt ins Gefängnis, wird vergiftet oder kommt anderweitig zu Tode. Zum Bruch mit Putin kam es wohl erst vor wenigen Tagen, als Prigoschin die Propaganda Putins zum Ukraine-Krieg als Märchen darstellte.
Wie schätzen Sie die Stabilität Russlands in der aktuellen Lage ein?
Putin und sein Herrschaftssystem sind instabiler, als viele von uns meinten. Es könnte durchaus sein, dass das Problem Putin sich nicht erst durch sein eigenes Wegsterben löst, sondern schon früher.
Welche Rolle spielt der belarussische Präsident Lukaschenko?
Er ist ein Vasall Putins. Dass Putin auf seine aktive Mithilfe angewiesen ist, um ihm eine mögliche Niederlage und ein größeres Blutvergießen in Russland zu ersparen, ist schon ein erhebliches Zugeständnis gegenüber Lukaschenko. Auch er wird vermutlich gestärkt hervorgehen, denn er hat deutlich gemacht: Putin braucht mich, wenn es hart auf hart kommt. Das ist ein völliges Novum.
Kanzleramt und Auswärtiges Amt halten sich derzeit bedeckt. Was ist Ihrer Meinung nach seitens der Bundesregierung nun zu tun?
Es war und ist richtig sich eng mit den internationalen Partnern abzustimmen, um nicht den Eindruck zu erwecken, als sei das ganze eine vom Ausland organisierte Umsturzkampagne gegen Putin. Denn das hätte wiederum seine eigenen Lügenmärchen genährt, die er seiner verunsicherten Bevölkerung auftischt. Die Zurückhaltung war in diesem Moment richtig.
Und jetzt? In rund zwei Wochen kommen die Staats- und Regierungschefs zum Nato-Gipfel in Vilnius zusammen.
Die NATO-Staaten müssen in einer konzertierten Aktion noch mehr an Waffen, Munition und Ersatzteilen für die Ukraine zur Verfügung stellen, als das bislang geplant war. Wir müssen uns in der NATO alle in die Augen schauen und uns fragen, was wir noch tun können? Einige Länder, dazu gehört auch Deutschland, sind momentan am Limit. Die Frage ist doch, ob NATO-Bündnisverpflichtungen, etwa im Baltikum, weiter eingehalten werden sollen oder es momentan wichtiger ist, unser Engagement in der Ukraine abermals zu verstärken. Dort wird gerade unsere Freiheit und Sicherheit verteidigt. Derzeit scheint mir alles möglich zu sein. Die Stabilität, die wir für Russland immer vorhergesagt haben, ist ins Wanken geraten.
Setzten Sie auf den Einfluss Chinas?
Die Lage war für China bisher sehr kommod. Erstens, weil sich die ehemalige Supermacht Russland vor allem wirtschaftlich in die Arme Chinas begeben hat. Zweitens, weil dieser furchtbare Krieg in den USA und in Europa in hohem Maße Kapazitäten bindet. Drittens, gewinnt Russland den Krieg gegen die Ukraine, könnte das für China eine Blaupause für die militärische Lösung eigener Konflikte sein, vor allem gegenüber Taiwan. Aber China hasst Chaos, Unordnung und Unsicherheiten in der Nachbarschaft. China kann also wirklich nicht glücklich sein über die jüngsten Entwicklungen.
Ihre Prognose für die Ukraine?
In der Ukraine ist jetzt kein Jubelgeschrei ausgebrochen, man hat sich klugerweise sehr zurückgehalten. Meine Vermutung ist: Putin wird gegen die Ukraine weiter mit unverminderter Härte vorgehen. Aber er ist verwundbar. Dieser verbrecherische Krieg, den er angezettelt hat, ist das Ende von Putin. Wann dieses Ende genau eintritt, das kann aber derzeit noch keiner sagen.
Leser*innenkommentare
Berglandraupe
Alle guten Dinge sind zwei:
Die Aussage:
"Dort wird gerade unsere Freiheit und Sicherheit verteidigt."
ist falsch. Denn es besteht nach Aussage aller führenden Politiker kein Krieg zwischen Russland und der Nato.
In der Ukraine wird die Freiheit und Sicherheit der Ukraine verteidigt, und möglicherweise auch die der anderen ex-Sovietstaaten welche nicht in Nato/ Eu sind. Zu behaupten in der Ukraine würde unmittelbar die Sicherheit & Freiheit der Nato und Deutschlands verteidigt, ist aber mit Verlaub "mumpitz". Wenn dem so wäre dann müssten wir ja auch Nato Artikel 5 ausrufen oder?
Die Freiheit und Sicherheit der Ukraine und ihre Selbstbestimmungsrecht ist für ihre Unterstützung Grund genug.
Darüberhinausgehende Behauptungen alla Hindukush sind nicht nur Irreführend und Falsch, sondern auch gefährlich, da sie doch ideologisch den Boden für den Einsatz von Nato-Truppen bereiten. Wo es doch erklärtes Ziel der Nato und der Bundesregierung ist, eine direkte Konfrontation zwischen den beiden größten Atommächten der Welt und ihren Verbündeten auszuschließen.
Lowandorder
@Berglandraupe anschließe mich - der feine Herr ist ersichtlich nicht die hellste 🕯️ auffe 🧁!
Geschwätzrat - nordhessischer! Gelle.
Privatkundig
"Die NATO-Staaten müssen in einer konzertierten Aktion noch mehr an Waffen, Munition und Ersatzteilen für die Ukraine zur Verfügung stellen"
Leider wird die Rolle der Türkei, bzw. Erdogan, als Natomitglied in der Presse nicht beleuchtet.
Erdogan hat sich sehr zeitnah zu dem Putsch geäußert, dass er Putin seine "volle Unterstützung" zur Niederschlagung bzw. bei der Gegenwehr durch die russischen Behörden zugesichert hat.
Wie verträgt sich dies mit der Nato-Mitgliedschaft der Türkei, wie möchte er Putin bei der Gegenwehr helfen?
Soll die Nato Erdogan in letzter Konsequenz dabei unterstützen?
Warum hält die Türkei am Status quo in Russland fest?
Oder ist der Grund der, dass die Türkei durch diesen Konflikt am meisten profitiert, z.B. durch Lieferungen und Geschäften mit Russland, unter Umgehung der EU-Sanktionen?
Die Türkei tritt zunehmend als "Spalter" in der Nato und bzgl. der EU auf, neben Ungarn.
Die Türkei bzw. Erdogan hatte zudem in der Flüchtlingskrise um 2015 zudem ein sehr fragwürdiges Spielchen mit Merkel geführt, indem er den Flüchtlingsstrom selektiert, und v.a. sehr fragwürdige Migranten in die EU weitergeleitet hat (Quelle Buch" Die Getriebenen " von Robin Alexander), ähnlich manipulativ wie Orban und nach dem ähnlichen Prinzip wie später Lukaschenko, wo Flüchtlinge als Druckmittel missbraucht wurden.
Berglandraupe
@Privatkundig Das hat er nur nach der Aussage des Kremls gemacht, nach aussage Erdogans, hat er Putin geraten mit Vernunft zu handeln.
Von Zusagen voller Unterstützung hat die Türkei selbst nichts gesagt, und wir wollen ja wohl hoffentlich auch keinen Keil in unser Bündnis treiben, nur weil der Kreml irgendwelche Behauptungen verbreitet.
Ajuga
"Zum Bruch mit Putin kam es wohl erst vor wenigen Tagen, als Prigoschin die Propaganda Putins zum Ukraine-Krieg als Märchen darstellte."
Dass die "NATO-Provokationen" ein Haufen Lügen waren, mit denen Schoigu und Gerasimow dem armen unschuldigen Zaren heimtückisch ihren ungewinnbaren Angriffskrieg aufgehalst haben, ist Prigoschins Version vom 24. Juni.
Das war die ganze Zeit sein Narrativ, wenn auch erst neuerdings in dieser Schärfe.
2 Tage später, und dieses Narrativ ist für immer ruiniert.
Und Ramaphosa hat jetzt auch endlich seinen Realitätsabgleich abbekommen. Zweimal.
Die Katze ist aus dem Sack: Putins Koch ist Influencer, die Provokationen der bösen NATO-Nazi-Marionette Ukraine waren Putins Sender Gleiwitz, und ein wütender alter weißer Mann kann auch ruhig mal in einem Motivationsvideo für seine Telegram-Gemeinde diese "sogenannte" Spezialoperation als den "Krieg" bezeichnen, der sie ist.
Viel Spaß, *das* wieder einzufangen, fashistskiye shveinkhunde.
Lowandorder
Mach Bosse! Die Hesse kimma!
Nach Nancy Faency - schlimme geht imme -
Ohne Not - Michael Roth.
“Nach dem Wagner-Aufstand in Russland fordert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, mehr Einsatz der Nato-Staaten in der Ukraine.“
Michael Roth - DECLARES NATO & War! WHAT IS IT GOOD FORE?!
ABSOLUTELY NOTHING!!
www.youtube.com/watch?v=ztZI2aLQ9Sw
Edwin Starr - War (What is it good for)
Ausriß
“Ohhh WAR! huh...good God y'all
What is it good for?
Absolutely nothing...say it again
War!...huh...woh oh oh Lord
What is it good for?
Absolutely nothing...listen to me
War! It ain't nothing but a heartbreaker,
War. Friend only to the undertaker...woo
Peace lovin' understand then tell me,
Is there no place for them today?
They say we must fight to keep our freedom,
But Lord knows there's got to be a better way.
Ohhhhhhh WAR! huh...good God y'all...
What is it good for?...you tell me!
Say it say it say it saaaay it!
War! good God now...huh
What is it good for?
Stand up and shout it...NOTHING“
kurz - What’s going on?
Nach der subobtimale Südhessin! Gelle.
Derf jetzt aachemal ‘n nordhessische Milchreibubi -
Abbe heftich - Würfelhuschde - oder was?! - 🙀🥳😡 -