Waffenruhe in Sudan gebrochen: Sudans Krieg flammt neu auf
Nach drei Tagen Waffenruhe ist Khartum wieder heftig umkämpft. Internationale Hilfszusagen bleiben verhalten.
Berlin taz | 72 Stunden hielt die neueste Feuerpause in Khartum – pünktlich zu ihrem Ende am Mittwoch früh um 6 Uhr sind die schweren Kämpfe um die Macht in Sudans Hauptstadt zwischen der Armee unter Präsident Abdelfattah al-Burhan und der RSF-Miliz (Rapid Support Forces) unter Ex-Vizepräsident Hamdan Daglo Hametti mit unverminderter Intensität wieder aufgeflammt. Artilleriebeschuss, Tiefflüge von Kampfjets und Gefechte am Boden wurden aus mehreren Stadtteilen gemeldet, auch aus dem Stadtzentrum mit den Regierungsgebäuden und Khartums Nachbarstadt Omdurman auf dem gegenüberliegenden Nilufer.
Am Dienstagabend bereits war der Sitz des sudanesischen Geheimdienstes in Khartum in Flammen aufgegangen. Armee und RSF machten sich gegenseitig für die Bombardierung verantwortlich. Die Geheimdienstzentrale liegt im seit Wochen umkämpften Gebäudekomplex, der auch das Armeehauptquartier umfasst.
Erst am Dienstag hatte die erste internationale Geberkonferenz für die Opfer des seit 15. April tobenden Krieges in Sudan Hilfszusagen in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar erbracht – lediglich die Hälfte der geforderten Summe. Nach sudanesischen Regierungsangaben hat der Krieg mittlerweile 3.000 Tote gefordert – eine Zahl, die als weit untertrieben gilt.
Besondere Sorge bereitet die Eskalation bewaffneter Angriffe auf Zivilisten in Sudans Westregion Darfur, Heimatregion von RSF-Führer Hametti. Dort scheint die Lage außer Kontrolle zu geraten.
Tausende Tote in Darfur befürchtet
Allein in der Provinzhauptstadt El Geneina sollen seit Kriegsbegin nach Schätzungen über 1.100 Menschen getötet worden sein. Der lokale traditionelle Sultan des Massalit-Volkes nannte in einem am 18. Juni verbreiteten Bericht sogar die Zahl von mindestens 5.000 Toten zwischen 24. April und 12. Juni. Vier Vertriebenenlager und alle 86 Aufnahmestellen für Flüchtlinge seien zerstört worden, Hunderttausende seien auf der Flucht.
Die UN zählt 150.000 Flüchtlinge aus Darfur, die das Nachbarland Tschad erreicht haben, zumeist zu Fuß und ohne jeden Besitz. Das Hilfswerk „Ärzte ohne Grenzen“ meldete, der Großteil der Einwohner El Geneinas habe die Stadt verlassen.
Für die Gewalt wird insbesondere die RSF verantwortlich gemacht. Deren Vorgängermiliz Janjaweed hatte vor zwanzig Jahren im Staatsauftrag in Darfur Aufständische aus den Völkern der Fur und Massalit durch Massenmorde und -vertreibungen niedergekämpft. Das hat unter anderem der Internationale Strafgerichtshof als Völkermord bewertet. Der Massalit-Sultan fordert nun, das Gebiet des Sultanats unter internationalen Schutz zu stellen.