Waffenkampf in den USA: Durchgeladen
Kein Thema spaltet Amerika so wie das Recht auf eine Waffe. In Wahlkampfzeiten verschenken Politiker auch schon mal Knarren an ihre Unterstützer.
Freiheit. Ein großes Wort. Ein Schlüsselwort im amerikanischen Selbstverständnis. Eins, das es zu verteidigen gilt, mit allen Mitteln. „Niemals wird es Freiheit geben, wenn es nicht die Möglichkeit gibt, sie zu verteidigen.“ So formuliert es die „Campaign for Liberty“, eine Lobbygruppe in den USA, gegründet von Ron Paul.
Paul gehört zu den prominenteren Politikern in Amerika, die für eine konsequent liberale Politik eintreten. Drei Mal bewarb er sich in der Republikanischen Partei als Präsidentschaftskandidat. Für höchste Ehren reichte es nicht, doch polarisiert Paul immer wieder mit seinen strikt libertären Ansichten, dessen Kern die absolute individuelle Freiheit ist.
Die verteidigt man natürlich am besten mit einer Waffe, weshalb Pauls Lobbygruppe eine AR-15 verschenkt, eine halbautomatische Waffe im Militärstil. Ein blendendes Instrument, um die Grundwerte der amerikanischen Seele zu verteidigen. Wer die Waffe inklusive zweier Magazine besitzen möchte, muss sich lediglich bis Ende April auf der Seite der „Campaign for Liberty“ registrieren. „Für die Freiheit, Ron Paul“ ist der Aufruf unterschrieben.
Waffenliebhaber und ihre Gegner stehen sich in den USA unversöhnlich gegenüber, ihre Kampfzone ist der Zweite Zusatz zur amerikanischen Verfassung, der das Recht auf eine eigene Waffe garantiert. Jeder Politiker muss sich positionieren, dafür oder dagegen, einen Mittelweg gibt es in dieser Debatte vor allem für die Rechten schon lange nicht mehr – und im Herbst wird wieder gewählt.
Da kann eine Waffenlotterie vielleicht entscheidende Stimmen bringen. Tom Tancredo etwa kandidiert als Gouverneur in Colorado. Unterstützt wird er vom Musiker Ted Nugent, der Obama auch schon mal „Untermensch“ nennt und jetzt Werbung für Trancedo macht. „Wie würde dir eine neue AR-15 gefallen – und das umsonst?“ fragt Nugent, das Gewehr statt einer Gitarre lässig über die Schulter geworfen.
Oder aber Lee Bright, der in South Carolina im Senat sitzt und gern nach Washington wechseln würde. Natürlich auch Republikaner, ausgezeichnet mit einer „A-Bewertung von der NRA“, brüstet er sich auf seiner Homepage. Einer seiner Unterstützer ist nun Besitzer eines Palmetto Armory AR-15, Typ Sturmgewehr, „assault weapon“, die nach dem Amoklauf an einer Schule in Newtown im Dezember 2012 verboten werden sollten. Doch die Initiative im Senat scheiterte im April letzten Jahres.
Paul Broun aus Georgia ist Wiederholungstäter. Um den Senatssitz in Georgia zu ergattern, hat er schon ein AR-15 rausgehauen – und letzten Monat noch mit einer Waffe der Marke Colt nachgelegt. Der Mann sitzt seit 2007 im Kongress und könnte im November Senator werden.
In der Sandy Hook Schule in Newtown erschoss der 20-jährige Adam Lanza 20 Kinder, sechs Angestellte der Schule, seine Mutter und anschließend sich selbst. Seitdem starben in den USA nach Recherchen des Magazins Mother Jones fast 200 Kinder durch Waffengewalt. Macht aber ja nichts, man kann trotzdem noch ein paar Gewehre verschenken, es geht schließlich um ein politisches Amt – und die Freiheit.
Ob ein Milliardär allein gegen diese Waffenfront ankommt? Schafft, was Obama, der Senat und Bürgerrechtsgruppen bislang nicht geschafft haben? Michael Bloomberg glaubt das auf jeden Fall. Der ehemalige Bürgermeister von New York kämpft seit Jahren für striktere Waffengesetze und hat sich sogar schon mit fettleibigen Bürgern angelegt. Und der Mann hat Geld zu verschenken.
Angst kennt die NRA nicht
Am Mittwoch kündigte er in der New York Times und beim Sender NBC an, 50 Millionen Dollar (etwa 36 Millionen Euro) in eine Grassrootsorganisation für striktere Waffengesetze zu investieren. „Wir müssen sie dazu bringen, dass sie Angst vor uns haben“, sagte Bloomberg der Times. Doch Angst ist der NRA eher fremd und „Everytown for Gun Safety“, so der Name der Organisation, ist nicht Bloombergs erster Versuch, gegen die NRA Politik zu machen. Bereits 2006 gehörte er zu den Gründern von „Mayors Against Illegal Guns“.
Nun will Bloomberg es gemeinsam mit seiner alten Initiative und der Lobbygruppe „Moms Demand Action for Gun Sense in America“ schaffen. Damit seine Millionen nicht verpuffen, soll mehr in Aktionen im Netz und Grassroots gesteckt werden und vor allem Frauen und Mütter überzeugt werden. An seine Gegner gewandt versucht es Bloomberg bei NBC sogar diplomatisch. „Niemand will euch eure Waffen wegnehmen.“
Selbst Bloomberg, der fest an seinen Platz im Himmel glaubt, wie er der Times verrät, wird das wohl nicht schaffen. Waren laut Gallup nach dem Amoklauf in Newtown noch 58 Prozent für striktere Waffengesetze, sind es im Oktober 2013 nur noch 49 Prozent. 20 tote Kinder sind schnell vergessen in einem Land, das die Debatte um das Recht auf ein eigene Waffe seit Jahrzehnten führt. Vielleicht muss dafür erst ein Kind durch Ron Pauls Stumgewehr sterben. Aber Waffen töten natürlich keine Kinder. Sie verteidigen ausschließlich die Freiheit.
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