Waffenindustrie in China: Auf dem Weg zur Nummer 1
Der erste Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri zu Chinas Rüstungsfirmen zeigt: Die westliche Dominanz in der Branche bröckelt.
China ist zu einem der größten Waffenexporteure der Welt aufgestiegen. Das zeigt der erste Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri aus Stockholm über Chinas Rüstungsindustrie, der am Montag veröffentlicht wird und der taz vorab vorliegt.
Der Sipri-Bericht zeigt deutlich, wie spezialisiert Chinas Rüstungskonzerne sind. „Bei uns bieten Unternehmen wie Lockheed Martin oder BAE Systems eine breite Palette von Waffensystemen an. In China hingegen konzentrieren sich einzelne Unternehmen gezielt auf einen Sektor“, erläutert Stephanie Blenckner vom Sipri-Institut die Ergebnisse. So produziert Avic (Aviation Industry Corp. of China) fast ausschließlich Flugwaffen, während sich Norinco (China North Industries Group Corp.) auf Landwaffensysteme konzentriert.
Diese staatlich verordnete Spezialisierung hat zur Folge, dass die chinesischen Unternehmen in ihren jeweiligen Sektoren zu den absoluten Topplayern gehören. Über Jahre hinweg waren die Rüstungscharts dominiert von Firmen aus den USA, Westeuropa oder Russland.
Die neu vorliegenden Informationen aus China zeigen jedoch: Die Dominanz des Westens gehört der Vergangenheit an. Avic beispielsweise hat seine Waffenverkäufe von 2015 bis 2017 um 34 Prozent gesteigert und ist dadurch der drittgrößte Hersteller von Luftwaffensystemen. Norinco ist mit Waffenverkäufen im Wert von 17,2 Milliarden Dollar (2017) bereits der weltweit größte Anbieter von Landwaffensystemen.
Diese klare Prioritätensetzung führe bei den chinesischen Konzernen zu einer großen Effektivität, so die Sipri-Forscher. Klares Ziel der chinesischen Führung sei es, eigene starke Rüstungsunternehmen aufzubauen.
Importe stark gefallen
Mit Erfolg: Die Zeiten, in denen China massenhaft Waffen aus dem Ausland importieren musste, sind längst vorbei. So fielen die Importe im Rüstungssektor zuletzt um 50 Prozent, während die Exporte um 208 Prozent zulegten. Schon jetzt ist China hinter den USA der zweitgrößte Waffenproduzent der Welt.
Doch Chinas militärische Stärke ist nicht nur als Wirtschaftsfaktor von Bedeutung: Da die Volksrepublik in den Territorialkonflikten mit Japan, den Philippinen und Vietnam um den Besitz von Inseln im Ost- und Südchinesischen Meer immer robuster auftritt, ist in Chinas Nachbarländern ein regelrechter Aufrüstungsdruck entstanden.
Trotz drei Jahren intensiver Recherchen stellt der neue Sipri-Bericht zu China nur einen ersten Schritt dar. Sektoren wie die Marine, Quantenrechner oder Cyberaufrüstung sind nach wie vor unerforscht. Doch angesichts der globalen Kräfteverschiebung von West nach Ost sorgt die Analyse für dringend notwendige Transparenz. Blenckner formuliert es so: „In einer Welt, die zunehmend geleitet wird von emotionaler Rhetorik und wilden Drohgebärden, wollen wir mit unseren China-Untersuchungen belastbare Fakten liefern.“ So beunruhigend diese Fakten auch sein mögen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour