Waffenfabrik zerstört: Sudan wirft Israel Luftangriff vor
Explosionen zerstörten eine staatliche Rüstungsfabrik in Sudans Hauptstadt Khartum. Israel äußert sich offiziell nicht, aber Militärs rechtfertigen einen Angriff.
JERUSALEM/BERLIN taz | Die Regierung in der sudanesischen Hauptstadt Khartum sieht sich erneut als Opfer internationaler Aggression. Israel stecke hinter der Zerstörung einer der beiden großen Rüstungsfabriken von Khartum, die in der Nacht zum Mittwoch in Shigara am Südrand der Hauptstadt in Flammen aufgegangen war, sagte Regierungssprecher Ahmad Bilal Osman am späten Mittwoch.
Noch in der Nacht zum Donnerstag gingen Hunderte Sudanesen in Khartum auf die Straße und forderten auf Transparenten und mit Sprechchören die Zerstörung Israels. Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir wandte sich mit einer Rede an die Demonstranten, ebenso der als Hardliner geltende Vizepräsident der regierenden Nationalen Kongresspartei (NCP), Nafi Ali Nafi.
Israel verweigert wie üblich jeden Kommentar, aber Reservegeneral Amos Gilad nannte Sudan im Rundfunk einen „terroristischen Staat“. Israelische Analysten und ehemalige Mitarbeiter des Sicherheitsapparates diskutierten offen die Wahrscheinlichkeit, dass Israel hinter dem Angriff steckt.
Shabtai Shavit, ehemals Mossad-Chef und über 30 Jahre für den Geheimdienst tätig, erklärte im Rundfunk, dass eine solche Aktion nur Indiz für „Israels langen Arm“ bei der Verfolgung seiner Feinde sei. Khartum liegt 1.800 Kilometer von Jerusalem entfernt, das ist weiter als die iranischen Atomanlagen in Natans und Qom.
Waffennachschub für die Hamas
Israel wäre militärisch durchaus zu einer so komplizierten wie gefährlichen Operation in der Lage und hätte überdies aus seiner Sicht gute Gründe. Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach schon vor Jahren von einer „Rüstungspipeline“, die von Teheran via Khartum nach Kairo führe und von dort durch die Tunnel der Schmuggler zur im Gazastreifen regierenden islamistischen Hamas.
Anfang 2009, zum Zeitpunkt des Gaza-Krieges, hatten israelische Kampfiloten im Sudan 23 mit Waffen beladene Lastwagen zerstört, und zwei Jahre später machte Khartum Israel für den Tod zweier Männer verantwortlich, deren Auto aus der Luft angegriffen wurde.
Die Rüstungsfabrik al-Yarmouk entstand 1996 und stellt hauptsächlich Munition her, mit der Sudans Armee nach Angaben von Menschenrechtsgruppen Rebellen im mittlerweile unabhängigen Südsudan sowie in Darfur bekämpft hat.
Augenzeugen in Khartum bestätigten gegenüber Journalisten, sie hätten Flugzeuge in der Luft gesehen oder gehört, kurz bevor sich in der Rüstungsfabrik gegen Mitternacht in der Nacht zum Mittwoch mehrere schwere Explosionen ereigneten. „Ich sah ein Flugzeug von Osten kommen und hörte zwei Explosionen kurz hintereinander“, sagte eine Anwohnerin gegenüber AFP. Ein Mann sagte: „Ich hörte ein Geräusch wie von einem Flugzeug, aber ich sah kein Licht. Dann hörte ich zwei Explosionen, und im Gebäudekomplex brach Feuer aus.“
Sudans Armee sprach zuerst von einer „Routinekontrolle“
Zunächst hatte ein sudanesischer Armeesprecher gesagt, das Feuer sei auf eine Explosion während einer „Routinekontrolle“ zurückzuführen. Die Behörden meldeten zwei Tote sowie Verletzte durch Rauchvergiftung. Später aber sagte Sudans Regierung, vier Flugzeuge aus Israel hätten die Radaranlagen am Flughafen von Khartum gestört und die Fabrik angegriffen. Diese sei jetzt zu 60 Prozent zerstört.
Sudans Botschaft in London erhob in einer Erklärung schwere Vorwürfe gegen Israel. Das Land habe die Darfur-Rebellen unterstützt und dann in den USA durch Lobbyarbeit die internationalen Darfur-Kampagnen aufgebaut. Rebellen, die heute im Sudan kämpften, seien „israelische Frontorganisationen“.
Sudans Botschafter bei der UNO erklärte, man werde den UNO-Sicherheitsrat einschalten. Ägyptens Regierung versprach am Donnerstag Rückendeckung, sollte der Sudan vor der UNO oder der Arabischen Liga Protest gegen Israel einlegen.
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