Währungshüter gegen hohe Inflation: EZB setzt Zinsen mammutmäßig hoch
Wegen der hohen Inflation erhöht die Europäische Zentralbank den Leitzins um weitere 0,75 Prozentpunkte. Die Konjunkturprognose fällt düster aus.
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Dies ist nach September die zweite XXL-Zinserhöhung in Folge, insgesamt die dritte Anhebung. Weiteren Zinserhöhungen sind absehbar: Der EZB-Rat „geht davon aus, dass er die Zinsen weiter anheben wird“, erklärte die Notenbank.
Die ersten Reaktionen fielen positiv aus. „Da das primäre Mandat der EZB Preisstabilität ist, war dies heute ein richtiger Schritt, dem vermutlich ein weiterer in diesem Jahr folgen wird“, kommentierte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.
Laut Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sollte die EZB die Zinsen weiter anheben und sich nicht von der anbahnenden Rezession irritieren lassen. „Der Euroraum braucht einen EZB-Einlagensatz in der Größenordnung von 4 Prozent“, so Krämer. Andernfalls würden massiv gestiegenen Inflationserwartungen der Bürger weiter zulegen und die hohe Inflation setze sich dauerhaft fest.
Inflation bei 9,9 Prozent
Mit ihrem abermaligen großen Zinsschritt reagieren die Währungshüter auf den anhaltenden Preisschub in der Eurozone. Angetrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen infolge des Ukrainekriegs ist die Inflationsrate im September auf 9,9 Prozent geklettert – das höchste Niveau seit Gründung der Währungsunion.
Die Teuerung erfasst dabei immer weitere Bereiche der Wirtschaft, nicht mehr nur den schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelbereich. Die Inflation liegt inzwischen fast fünfmal so hoch wie das Inflationsziel der EZB von 2 Prozent, das sie als ideal für die Wirtschaft erachtet. Die Währungshüter wollen unbedingt vermeiden, dass sich die hohe Inflation in den Köpfen der Menschen festsetzt. Dann wird es für die EZB wohl noch schwieriger, die Teuerung wieder einzudämmen.
Die Konjunkturaussichten sind laut EZB düster. Die wirtschaftliche Aktivität habe sich im dritten Quartal wahrscheinlich deutlich verlangsamt, sagte EZB-Chefin Lagarde. „Und wir erwarten eine weitere Abschwächung im weiteren Jahresverlauf und zu Beginn des nächsten Jahres.“
Aus den jüngste Konjunkturdaten geht hervor, dass die Eurozone auch wegen der Schwäche ihrer größten Volkswirtschaft Deutschland auf eine Rezession zusteuert. Hier fiel der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft im Oktober deutlich unter der Wachstumsschwelle von 50 Zählern.
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